[WLANware] MIMO - Erfahrungen aus der Praxis?

Christoph Franzen christophfranzen at googlemail.com
Mon Aug 25 20:20:18 CEST 2014


Am Thu, 01 May 2014 15:46:02 +0200 schrieb hibbert <hibbert at posteo.de>:

Hallo,

ist zwar schon länger her, aber mir gerade wieder aufgefallen und solche
Fragen kommen öfter:

> mich würde mal interessieren, ob jmd. konkrete Erfahrungen mit MIMO im
> Rahmen von 802.11n gemacht hat.

Leider nichts konkretes, so weit bin ich mit meinen Tests noch nicht,
aber allgemeine Überlegungen:

> Hintergrund ist, dass ich einige meiner Router mit vernünftigen
> Antennen (damit meine ich eigentlich alles was über die TP-Link
> Standardstummel hinaus geht) ausstatten möchte

Was eine „gute“ Antenne ist, hängt vom Einsatzzweck ab. Für eine
kleine Wohnung sind die Stummel gar nicht übel.

Antennen verteilen nur die Energie um. Stummel haben eine fast
kugelförmige Ausbreitung (mit „Loch“ dort, wo die Antennenachse
durchgeht, also nach oben und unten geht nichts). Längere Stabantennen
mit höherem Gewinn machen einen „Kringel“, also die Kugel quasi
plattgeklopft, je höher der Gewinn, desto schmaler, desto besser
senkrecht zur Antennenachse. Stellt man die senkrecht, geht also nach
oben und unten fast nichts, dafür um so mehr waagerecht in der
Mittelebene.

Bei Richtantennen soll fast alles in die Vorzigsrichtung gehen, auf
Empfangsseite sind die damit für Störungen aus anderen Richtungen
„blind“, auf Sendeseite geht fast die gesamte Energie in Richtung
Empfänger.

> und die praktischen
> Vorteile von Mimo einschätzen möchte. Lohnt sich die zweite oder
> dritte Polarisationsebene wirklich?

Es gibt nicht mehr als zwei Polarisationsebenen. Natürlich kann man die
Antennen beliebig schräg in den Raum stellen, aber nur zwei Richtungen
sind „linear unabhängig” oder wie immer man das im Antennenbau
politisch korrekt nennt. Zwei schräg - also nicht senkrecht - zueinander
stehende Schwingungsebenen kann man zwar wählen und auch wieder
auseinanderdividieren, aber eine dritte eben nicht mehr.

Man kann auch zirkular polarisieren, also eine Welle erzeugen, die sich
gleichsam vorwärtsschraubt so daß die Polarisationsebene sich rechts-
oder linksherum dreht. Der allgemeine Fall wäre elliptisch, aber mehr
als zwei voneinander unabhängige „Kanäle“ bekommt man auch damit nicht.

> Mir scheint es schwierig, alleine die Ausbreitung über
> unterschiedliche Polarisationsebenen zu prognostizieren, außer evtl
> bei Punkt-zu-Punkt Richtfunkverbindungen.

Geht auch kaum. Ausprobieren hilft am besten. Bei Spiegelungen an
Hindernissen kann zum Beispiel auch die Ebene verdreht werden.

> Irgendwo meine ich auch mal
> gelesen zu haben dass sich der Effekt über größere Entfernungen
> relativiert...

Das „Spatial Multiplexing“ funktioniert deswegen, weil die Antennen
nicht genau am selben Ort, sondern nebeneinander stehen.

Vereinfachtes Beispiel zum Veranschaulichen mit idealer Symmetrie:
Sender->-------->-Empfänger
A-a->- -(a+Ub)F->-1
      X
B-b->- -(b+Ua)F->-2

Die Antennen A und B senden unterschiedliche Signale a und b.
An den Antennen 1 und 2 kommt aber nicht nur das geradeaus gehende
Signal der genau gegenüberliegenden Antenne an, sondern auch was von der
jeweils anderen. Durch die Entfernung wird es um den Faktor F
abgeschwächt, es gibt aber auch einen Unterschied U, um den die
„schrägen“ sich von den geradeausgehenden Signalen unterscheiden.

So kann man a und b rechnerisch zurückgewinnen, obwohl man die gleiche
Frequenz und Polarisationsebene teilt.

Das ist jetzt physikalisch stark vereinfacht, weil es nicht bloß um die
Signalstärke, sondern Laufzeitunterschiede/Phasenlage geht, aber man
sieht an dem Bild leicht, daß das stimmt: von ganz weit weg sehen die
beiden Antennen am anderen Ende der Strecke fast wieder wie eine aus,
der Unterschied U wird im Unendlichen verschwinden.

Würde man dafür sorgen, daß die Ausbreitungswege A->-1 und B->-2 sich
gar nicht überkreuzen, beispielsweise die Wellen in abgeschirmten Kabeln
statt durch die Luft führen, dann könnte man mit X „Antennenpaaren“ die
X-fache Bandbreite erzielen.

Fazit: wenn man Richtfunk macht, kann man ganz gut je zwei Antennen mit
senkrechter und waagerechter Polarisation verwenden. Statt mit großem
Abstand weitere Antennen auf derselben Frequenz zu verwenden und damit
aufwendig MIMO zu machen, nimmt man doch lieber unterschiedliche
Frequenzen, gibt ja genug im 5GHz-Band und bei Richtfunk ist
Wetterradar-Kollision auch unwahrscheinlicher, wenn man es richtig
macht.

-- 
Christoph Franzen
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