[WLANnews] "Nonprofitrecht Aktuell" zur (Nicht-)Gemeinnützigkeit von Freifunk

hg hirschgott at unkonstruktiv.de
Mo Okt 17 16:17:23 CEST 2016


http://www.winheller.com/fileadmin/redaktion/NewsletterPDFs/nonprofitrecht/2016/nonprofitrecht-aktuell-10-2016.pdf

http://winheller.com/fileadmin/redaktion/NewsletterPDFs/nonprofitrecht/2016/volltexte/oktober/Wissenschaftlicher_Dienst.pdf

Freies WLAN: Freifunker gemeinnützig?

Freifunker kämpfen um ihre Gemeinnützigkeit, haben
dabei aber einen schweren Stand. Nach aktuellem
Recht dürfte es schwierig werden, die Gemeinnützig-
keit zu erlangen.

Freifunker bislang nicht gemeinnützig

Freifunker (Anbieter von kostenlosen öffentlichen WLAN-
Netzen) werden aktuell von den meisten Finanzämtern
nicht als gemeinnützig anerkannt. Auf eine Anfrage des
Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese soll der Parlamenta-
rische Staatssekretär Michael Meister mitgeteilt haben,
dass die Tätigkeit der Freifunker keinem im Katalog des
§ 52 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) genannten
gemeinnützigen Zweck entspreche. Ferner könne WLAN
auch von privatwirtschaftlichen Unternehmen angeboten
werden, was der Anerkennung als gemeinnützig entge-
genstehe.

Gemeinnützigkeit nur über Öffnungsklausel

Diese Auffassung entspricht der Meinung des Wissen-
schaftlichen Dienstes des Bundestages. Der Wissen-
schaftliche Dienst hatte sich mit der Frage, ob Freifunker
gemeinnützig sind, bereits Ende 2015 befasst. Die Autoren
gingen davon aus, dass Freifunken keinem der in § 52
Abs. 2 Satz 1 AO genannten Zwecke zugeordnet werden
könne und eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit höchs-
tens über die Öffnungsklausel des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO
möglich sei.

Uneinheitliche Finanzverwaltungspraxis

Derzeit streiten Freifunker, die zumeist in einem e.V. orga-
nisiert sind, vor diversen Finanzämtern um ihre Anerken-
nung als gemeinnützig. Der Freifunk Rheinland e.V. bei-
spielsweise ist (noch) als gemeinnützig anerkannt, was
wohl darauf zurückzuführen ist, dass er sich insbesondere
der Wissensvermittlung um Freifunken verschrieben hat,
also einen der in § 52 Abs. 2 Satz 1 AO genannten Zwe-
cke (Förderung der Volks- und Berufsbildung) verfolgt.
Auch der Freifunk Altdorf e.V. ist als gemeinnützig aner-
kannt, obwohl laut Satzung sein Zweck lediglich in der
(nicht als gemeinnützig anerkennungsfähigen) Förderung
und dem Betrieb kabelloser und kabelgebundener Compu-
ternetzwerke besteht. Welchem Katalogzweck des § 52
Abs. 2 Satz 1 AO der zuständige Sachbearbeiter beim
Finanzamt diesen Zweck zugeordnet hat, ist nicht bekannt.
Anderen Vereinen, wie beispielsweise dem Freifunk Win-
terberg e.V., wird die Anerkennung als gemeinnützig vom
Finanzamt zurzeit verwehrt.

Nicht alle Argumente gegen Gemeinnützigkeit überzeugen

Weder die Argumentation des Wissenschaftlichen Diens-
tes noch die des Parlamentarischen Staatssekretärs über-
zeugen restlos. So wird gegen die mögliche Anerkennung
der Gemeinnützigkeit vorgetragen, dass der zu fördernde
Personenkreis unzulässigerweise fest abgeschlossen sei.
Das ist schwerlich vertretbar: Denn die Idee des Freifun-
kens besteht gerade darin, dass alle Menschen in Reich-
weite des WLAN den Internetanschluss kostenlos nutzen
können. Von einem abgeschlossenen Personenkreis kann
daher keine Rede sein.

Auf Vergleich mit Wettbewerb kommt es nicht an
Auch dass die Bereitstellung des WLAN durch wirtschaftli-
che Unternehmen erfolgen könnte, überzeugt nicht. Die-
ses Argument fußt auf der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO
und könnte nur dann herangezogen werden, wenn die
Bereitstellung des WLAN kostenpflichtig erfolgen würde.
Die Einnahmen wären nämlich dann entweder einem
(steuerbegünstigten) Zweckbetrieb oder einem (nicht
steuerbegünstigten) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Ge-
schäftsbetrieb zuzurechnen. § 65 Nr. 3 AO regelt, dass ein
(steuerbegünstigter) Zweckbetrieb nur dann vorliegt, wenn
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten
Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem
Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steu-
erbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Vereinfacht
ausgedrückt: Die gemeinnützige Organisation soll steuer-
pflichtigen Konkurrenten nicht das Geschäft streitig ma-
chen und dann auch nicht durch die Steuerbegünstigung
einen Wettbewerbsvorteil erhalten. Da die Freifunker ihr
Angebot allerdings kostenlos zur Verfügung stellen und
sich allein durch Spenden finanzieren, kommt es auf eine
solche Unterscheidung zwischen einem Zweckbetrieb und
einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
gar nicht an. Für die Anerkennung eines Vereins als ge-
meinnützig ist vielmehr entscheidend, dass der Verein
einen gemeinnützigen Zweck fördert.

HINWEIS : Auch wenn nicht sämtliche der bisher vorge-
brachten Argumente überzeugen, dürfte die Zuerkennung
nach geltendem Recht schwierig sein. Denn das reine
Bereitstellen von kostenlosem WLAN ist keinem Katalog-
zweck des § 52 AO zuzuordnen. Ob es diesen Zwecken
vergleichbar ist und daher über die Öffnungsklausel des
§ 52 Abs. 2 Satz 2 AO die Gemeinnützigkeit zu erlangen
ist, wird noch zu klären sein. Möglicherweise hilft den
Freifunkern die von der Bundesregierung kürzlich ange-
kündigte Überprüfung des Zweckkatalogs des § 52 Abs. 2
Satz 1 AO. Dazu müsste das Anliegen der Freifunker aber
wohl erst einmal in die breite Öffentlichkeit getragen wer-
den, um überhaupt Gehör zu finden. Bis zur Klärung ist
Freifunkern jedenfalls zu raten, Satzungsregelungen zu
wählen, die auf die Aktivitäten des jeweiligen Vereins
individuell zugeschnitten und mit dem zuständigen Fi-
nanzamt abgestimmt sind (s.o. das Beispiel des Freifunk
Rheinland e.V.).


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