[WLANnews] Erinnerung an Unterschied zwischen Kritik, Beleidigung und Mobbing

Allan Wegan allanwegan at allanwegan.de
Mo Aug 5 00:41:08 CEST 2013


> Nein, das hast du falsch verstanden. Ich möchte damit lediglich zum
> Ausdruck bringen, dass das was im STGB steht, dort nicht ohne
> Grund steht.

Was dort drinn steht, war zum Zeitpunkt der Aufnahme entweder
gesellschaftlicher Konsens oder einer Gruppe mit genug Macht wichtig.
Aber bedenke, was in Deutschland vorher schon alles mal verboten und
dann wieder erlaubt - und umgekehrt - wurde. Nur mal als Beispiel:
Kinderzüchtigen wurde verboten, Homosexualität erlaubt.
Das soll jetzt natürlich nicht in Richtung "alle Gesetze abschaffen"
gehen, sondern nur zeigen, dass sich der gesellschaftliche Konsens als
eine Grundlage der Gesetzgebung durchaus wandelt (wie auch die letzte
Entscheidung des BVerfG in Sachen Steuerbegünstigung von
Homo-Lebenspartnerschaften zeigt).

> Es soll also einfach nur eine Referenz
> darstellen, dass eine Beleidigung keine Bagatelle ist und hier
> normalerweise absolut nichts verloren hat.

Einerseits schreibst du, es sei keine Bagatelle...

> Ich selbst bezweifle jedoch, dass der Vergleich mit einem Troll
> überhaupt von einem Staatsanwalt mit dem Arsch angesehen würde.

Aber dem Staatsanwalt unterstellst du, da sehr wohl eine Bagatelle zu sehen.

> Ich würde jedoch gerne jeden dazu Aufrufen diese Grauzohne
> freiwillig erst garnicht zu betreten.

Das Leben ist voller Grauzonen. Leider sind Verhälnismäßigkeiten nur
sehr schwer wirklich genau in Gesetzform zu gießen, was bedingt, dass
Gesetze im Einzelfall oft Auslegungssache sind - mithin es im
allgemeinen Grauzonen gibt, die erst für den Einzelfall (mehr oder
weniger) klar aufgelöst werden können.

> Das deutsche Recht muss nicht die Grenze der Kommunikation
> im Freifunk-Bord sein.

Ist es auch nicht. Tatsächlich wird man hier bereits geplonkt, wenn man
oft genug unverständlich schreibt.
Ich kann über Rubens Beweggründe natürlich nur spekulieren. Aber ich
selbst fand einige deiner Beiträge auch extrem ausschweifend und
absichtlich unverständlich. Kann sein, dass er das als Trollen ansieht
und keine Trolle mag...
Ich selbst hab nichts gegen Trolle, so lang es sich im Ramen hält (und
das tuts ja durchaus). Und wenn, so wie jetzt grade, auch Inhalt im
Beitrag ist, diskutier ich auch manchmal gern mit - da käm mir ne
Plonklist eher ungelegen. ;)

> Es liegt nämlich in unserem Ermessen, freiwillig
> auch auf kleinste Beleidigungen zu verzichten,
> welche durch das Deutsche Recht noch nicht beachtet werden.

Die Selbstzensur, die du forderst, klingt harmlos, kann aber ein Forum
recht schnell sehr langweilig machen. Auch das hab ich bereits erlebt
und bin dann dort gegangen, weil alles nur noch Glücksbärchiland war.
Irgendwann war sogar sachliche Kritik dann ne Beleidigung und wurde
wegmoderiert.
Die Glückbärchispirale ist dabei übrigends fast schon zwingend. Denn
erst verbietet man Beleidigungen. Dann mutieren die Beleidigungen zu
kreativen Sprachkonstrukten, die am Ende nicht nur beleidigend, sondern
auch noch mehrdeutig sind. Die werden dann auch geahndet und die
False-Positive-Rate durchbricht die Decke, weil menschliche Sprache
nunmal extrem "fuzzy" ist. Letztlich weiß man nicht mehr, wie ein
positiv formulierter Kommentar (negativ formulierte gibt nicht mehr)
gemeint ist.
Und die Techniker gehen erfahrungsgemäß als erste - nicht so toll für
eine Technik-Community.

> Einfach dem Frieden wegen.

Wir reden hier von einer Mailingliste. Was wir hier maximal an Krieg
bekommen können, ist, dass sich die Leute gegenseitig beschimpfen,
bedrohen oder plonken. Das ist nicht mal in der gleichen Liga, wie eine
Pausenhofrangelei.
Und wenn hier tatsächlich rüpelhaft miteinander umgegangen wird, zeigt
uns die Vergangenheit, dass dann durchaus auch eingeschritten wird. und
zwar nicht mit Zensur oder der Rechtskeule, sondern per sozialer
Ächtung, was die natürliche Abwehr gegenüber zu grobem
Kommunikationsverhalten in On- und Offline-Gesellschaften ist - und
bisher sehr gut funktioniert.

> Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Beleidigung eher eine
> Trotzreaktion hervorruft, als einen konstruktiven Effekt.

Da bin ich mir auch sehr sicher. Aber eben nur, wenn die "Beleidigung"
auch beleidigt. Sowas kann auch als unverschleierter Hinweis
wahrgenommen werden. Der erste Trollvorwurf kommt üblicherweise (mehr
oder weniger) weit vor dem "Plonk" (der selbst eigendlich nur eine
rechtssichere Mitteilung ist, dass man sich irgendwie zur Persona Non
Grata gemacht hat).
Ich denke, dass die Gesellschaft auch ab und an einen ruppigeren
Diskussionsstil nicht blos abkann, sondern dieser auch durchaus
begrüßenswert ist, so lange er nicht inflationär verwendet wird.
Wir verlören sonst auch dauerhaft eine wichtige Eskalationsstufe, die
relativ klar negative Gefühle transportiert.

> Ich wollte auf keinen Fall andeuten, jemanden Verklagen zu wollen.

Klang halt so. Und es haben schon Leute wegen noch viel abstruseren
Sachen geklagt.

> Nicht wegen dieser Kinderkacke. Ich bitte euch.
> Da mache ich mich ja lächerlich.

Also ist so ne "Beleidigung" doch ne Bagatelle.
Ernsthaft: Wenn du dich dafür schämen würdest, es vor Gericht
auszutragen, _ist_ es eine Bagatelle.
Und ich bin übrigends auch der Meinung, das man bei den Ehrdelikten mal
etwas ausmisten sollte. Der permant drohende Gummiparagraphenhammer
schadet in der Internetgesellschaft mehr, als dass er tatsächlich
irgendwessen zerbrechliches Gemüt wirklich schützt.

> Ich denke nämlich, dass ich unter diesen Umständen einen
> aggressiveren Schreibstiel an den Tag lege und mein Gegenüber
> letztlich auch.

Also ist es im Gegenseitigen Einverständnis - soweit kein Problem.

> Am Ende schaukelt sich da was hoch und alle sind genervt.

Das aufschaukeln rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren, ist
Teil der Medienkompetenz, die man braucht, um in Kommunikationsmedien
mit eingeschränkter Emotionsübertragung per Mimik und Stimmodulation zu
kommunizieren, ohne sich ständig angegriffen zu fühlen.

> Das ist extrem Kontraproduktiv und ich will das nicht.

Tus halt nicht. Du musst niemanden beleidigen, wenn du das nicht willst.
Und du kannst im Einzelfall auch direkt darauf hinweisen, wenn dir was
missfällt. Aber das algemein lösen zu wollen, bringt keine Vorteile. Oft
merken die Leute ja nicht mal, wenn sie wen beleidigen. Hinweise im
Einzelfall brauchts also so oder so. Und "its in the rules" funktioniert
schon bei Kindern nicht, ist also für Erwachsene erst recht kein guter
Grund.
hab Vertrauen in die Selbstregulation der Community - die besteht
immerhin aus Menschen, die sich explizit registriert haben, um hier
mitzulesen und -schreiben.

> Deshalb fände ich es gut wenn wir wieder runter kommen und uns diese
> Worte mal durch den Kopf gehen lassen. Es ist einfach einen
> Konflikt zu vermeiden, wenn man sich an gewisse Regeln hält.

Ich bin mir nicht mal sicher, ob hier überhaupt wer hochgegangen ist -
mithin also runterkommen könnte. Du hast dich bisher ja ernsthaft und
erfolgreich bemüht, die Diskussion so allgemein, wie möglich - also
kontextfrei - zu halten.
Ich ging deshalb standardmäßig davon aus, dass du dich selbst als Opfer
siehst. Aber ich konnte keine Tat und keinen Täter finden.
Und irgendwie hab ich langsam das Gefühl, dass dies nur eine
vorauseilende Prävention, möglicherweise irgendwann mal auftretender
Probleme, sein soll.
Gut, man kann natürlich trotzdem drüber diskutieren, wie unsere Sprache
(nicht) beschaffen sein sollte.

> Ich fände es wichtig, dass die Leute die hier schreiben überhaupt erst
> einmal ein Grundverständnis für diese Dinge entwickeln.

Das würde ich bei Erwachsenen einfach voraussetzen und glaube, damit
hier auch richtig zu liegen. Wir erklären nicht mal anlasslos, wie man
korrekt zitiert oder dass ausschließlich an die Liste geantwortet werden
soll, obwohls da öfter mal tatsächlich Bedarf gibt.

Das fänd ich übrigends durchaus sinnvoll, wenn's ne Listen-"FAQ" mit all
den öfter genutzten Hinweisen gäbe, auf die man sauber zum betreffenden
Hinweis linken könnte (aber ich bin grad zu faul, um die
zusammenzusammeln und hier zu posten).

> Deshalb habe ich diesen Vorschlag für ein allgemeines Verständnis,
> so wie ich es empfinde, für Kritik, Beleidigung, Mobbig und wenn du
> willst auch Bedrohung aufgeschrieben.

Zu echten Bedrohungen sollte es tatsächlich auch hier nicht kommen. Aber
wenn wer "Ich bin so fertig im Kopf. Ich lauf morgen in der Schule Amok.
LOL" schreibt, sollte daraufhin auch nicht automatuisch das SEK
ausrücken (das ist ein Fall, für den in den USA bereits ein Jugendlicher
im Gefängnis landete).

> Du erkennst es selbst, traust mir dies aber zu.

Klar trau ich dir das zu. Du schreibst oft für mich unverständliche
Sachen. Also warum solltest du nicht auch eine andere Auffassung von
Verhältnismäßigkeit haben können.

> In verfahrenen Situationen, wie ich dies zum Beispiel bei Ruben
> glaube  verstanden zu habe, sehe ich keinen Ausweg.

Wo ist die Situation denn verfahren? Er hat dich geplonkt - so what. Ist
halt einer derer, die wahllos eingestreuten Grundsatzdiskussionen und
Slapstik nicht so viel abgewinnen können. Damit kommst du sicher klar.
Da brauchts also keinen Ausweg.

> Das einzige was ich hier für Sinnvoll erachte, ist eben ein
> Allgemeines Verständnis zu schaffen, für die Dinge, die wir
> regelmäßig äußern.
> Weil ich glaube, dass dies von vielen nicht verstanden wird.

Ich glaube, dieses Verständnis ist bei fast allen hier längst da.

Andererseits hast _du_ nicht gemerkt, wie sehr du Ruben genervt hast. :P

> Dabei ergeben sich die Richtlinien ganz einfach durch eine
> Selbstbefragung und der damit verbundenen Selbsterkenntnis
> eines natürlichen Rechtsempfinden.

Einerseits ergeben sich aus einer derartigen Selbstbefragung lediglich
die eigenen Präferenzen, die stark von denen anderer abweichen können.
Andererseits ist das etwas, was bei Nichtsoziopathen vollautomatisch
unbewusst abläuft und somit nicht extra angesprochen zu werden braucht.



-- 
Allan Wegan
Jabber: allanwegan at erdor.de
ICQ: 209459114

-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : signature.asc
Dateityp    : application/pgp-signature
Dateigröße  : 490 bytes
Beschreibung: OpenPGP digital signature
URL         : <http://lists.freifunk.net/pipermail/wlannews-freifunk.net/attachments/20130805/89744c8b/attachment.pgp>


Mehr Informationen über die Mailingliste WLANnews