[WLANtalk] Störerhaftung: Rechtsgutachten zu innerdeutschem Exit via X e. V.?

Bernd Kalbfuss-Zimmermann langweiler at freifunk-3laendereck.de
Fr Okt 17 13:24:52 CEST 2014


Hallo Christoph,

vielen Dank für deine Ausführungen! Es hat mich etwas Zeit gekostet
deine Nachricht zu studieren. Im Nachhinein ist mir jedoch einiges
klarer geworden.

Am Donnerstag, den 16.10.2014, 22:44 +0200 schrieb Christoph Franzen: 
> > Wenn eine rechtliche Entität sich als ISP bei der BNetzA registriert.
> > Als private Person oder loser Haufen von Leuten geht das nicht, darum
> > e.V.
> FALSCH! Das denken immer alle, ist aber keineswegs so. Immer dieses
> naturwissenschaftliche Ursache-Wirkungs-Denken, sowas interessiert
> Juristen doch nur am Rande…
> 
Vielleicht sollte man das mit dem Verein eher so sehen: Wenn etwas
anbrennt, steht man zumindest nicht alleine da. Selbst wenn am Ende der
Vorstand persönlich haftet (ist mir nicht klar, wann dieser Fall
eintreten kann), sind das immer noch mehrere Personen, welche
hoffentlich von den Mitgliedern ihres Vereins unterstützt werden. 

> Es gibt 4 denkbare Fälle:
> 
> 1) In der Liste stehen, und nicht der Störerhaftung unterliegen.
> Beispiel: kommerzielle Provider, allen voran die Telekom
> 
> 2) In der Liste stehen, aber trotzdem der Störerhaftung unterliegen.
> Den Fall hat es wohl noch nicht gegeben, aber es könnte einem Gericht
> einfach egal sein, ob man da drinsteht, weil ja irgendwann mal ein
> Gastronom erfolgreich abgemahnt worden und der aktuelle Fall analog zu
> betrachten sei.

Auch wenn die Eintragung bei der BNetzA keine Garantie ist, so würde ich
doch erwarten, dass sie die Chancen erhöht vor Gericht als Provider
betrachtet zu werden. Von daher würde ich auf jeden Fall eine
Registrierung anstreben.

> Sich da eintragen zu lassen ist einerseits gut: man macht klar, daß man
> sich als Provider begreift und das die Absicht ist. Es ist die bessere
> Verteidigungsstrategie, Prüfpflichten generell abzulehnen, als beweisen
> zu wollen, daß die Maßnahmen ausreichend waren, wie das fast alle
> Abmahnopfer tun.
> 
> Andererseits kann so ein offizielles Bekenntnis wieder nach hinten
> losgehen, wenn wir an die Vorratsdatenspeicherung und die Pflicht
> denken, Abhöranlagen einzubauen.

Das ist in der Tat problematisch. Vorratsdatenspeicherung und
Abhörmöglichkeiten lehne ich prinzipiell ab. Wobei sich gegen das
Abhören am Ende jeder selbst schützen muss. Ich habe mich aber schon
gefragt, ob man nicht auch von Freifunkern erwarten kann, gewisse
technische Maßnahmen z.B. gegen Urheberrechtsverletzungen zu ergreifen.
Frei heißt schließlich nicht, dass man Rechtsverletzungen tolerieren
muss.

> Vergeßt das einfach mit der absoluten rechtlichen Sicherheit, es gibt
> keine Zauber-Amulette gegen Störerhaftung.

Wäre auch zu schön gewesen. Wenn man Dinge verändern will, dann muss man
manchmal eben etwas riskieren. Ich habe schon des öfteren an eine
private Rechtsschutzversicherung gedacht. Vermutlich gar keine so dumme
Idee. Hat jemand zufällig eine Empfehlung?

> Ich persönlich verlasse mich darauf, daß die Gegner es ganz einfach
> nicht wagen, sich mit Freifunkern anzulegen, wir sind doch
> eher „undankbare“ Gegner, gegen die man auch bei großer finanzieller
> Überlegenheit und Durchhaltewillen verlieren kann.

Hoffen wir es. 

> Deswegen bin ich auch dafür, das „Erstinstallationsprotokoll“, das beim
> Freifunk Rheinland e.V. für die „Operation Störerhaftung“ erfunden
> worden ist, weiterzuverwenden: es schafft sozusagen Zeugen, daß ab
> Zeitpunkt X ein Router ein Freifunkrouter unter dem Dach des Vereins Y
> gewesen ist. Kommt also ein Abmahner mit einer
> Urheberrechtsverletzung zum Zeitpunkt Z > X daher, hat man auch dann
> noch gute Karten, wenn die VPN-Technik versagt oder
> „kaputtkonfiguriert“ worden oder es auf andere Weise gelungen ist, die
> „Internetspender-Privatperson“ ausfindig zu machen, aber auf mich hört
> ja niemand.

Rechtlich gesehen mag das sinnvoll sein. Das Problem mit so einem
Protokoll ist, dass es ein hohes Risiko suggeriert. Es ist ohnehin schon
nicht so einfach, Betreiber für Freifunk-Router zu gewinnen. Ich kann
mir in etwa vorstellen, wie sich diese Bereitschaft weiter eintrüben
würde, sollte man den entsprechenden Personen so ein Protokoll zur
Unterschrift vorlegen. Die meisten Menschen haben einfach keine Lust,
sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen. Ich kann es ihnen nicht
verdenken.

LG,

Bernd




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