[WLANtalk] Wo beginnt und wo endet Gemeinnützigkeit freier Netze?

Allan Wegan allanwegan at allanwegan.de
Do Okt 27 08:42:23 CEST 2016


> Was sind so eure Gedanken dazu?

Als gemeinnützig sollte gelten, was dem Gemeinwohl dient. Das Problem
mit dieser Definition ist, dass die Nutzung von Eigentum formal generell
dem Gemeinwohl dienen, ihm zumindest nicht zuwiederlaufen, soll.
"Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen."

Nun braucht ein Staat aber üblicherweise auch Mittel, um seine
gemeinnützigen Aufgaben zu erfüllen. Diese Mittel verschafft er sich
über Steuern und Gebüren. Der Staat (also eigendlich wir alle) haben ein
Interesse daran, dass sich nicht zu viele Einzelne und Organisationen um
die Abgaben "drücken" können.
Deswegen ist der Bäcker um die Ecke auch dann vor dem Finanzamt nicht
gemeinnützig, wenn er besonders schmackhafte Brötchen besonders
preiswert anbietet - obwohl ich selbst dies durchaus als dem Gemeinwohl
förderlich ansehen würde.

Stattdessen beschränkt man die Möglichkeit der Anerkennung der
Gemeinnützigkeit auf Organisationen, die ausschließlich gemeinnützigen
Zwecken dienen und dabei jedem Profitstreben entsagen (in der Praxis
sind profitorientierte Tätigkeiten in einem gewissen Rahmen erlaubt, so
lange sie ordentlich versteuert werden und nicht Teil des Vereinszwecks
sind, diesem aber nützen). Als gemeinnütziger Zweck gilt, was in einer
bestimmten Liste steht oder einem Eintrag in dieser extrem ähnlich ist.

Das praktische an der stark vereinfachten Sicht des Staates ist, dass
eine gemeinnützige Organisation nicht plötzlich dadurch ihren Status
verliert, dass sie von nichtgemeinnützigen Organisationen Mittel erhält
oder nichtgemeinnützige Organisationen ebenfalls profitieren (so lange
dies nicht der Zweck ist und die Allgemeinheit ebenfalls profitiert oder
dies zumindest barrierearm könnte).

Also wenn die Versicherungen Freifunk machen wollen, dann gründen sie
dafür am besten eine getrennte Organisation, deren Zweck die Förderung
von Kunst, Kultur und Wissenschaft ist und die zu diesem Zwecke örtlich
verteilte anonym öffentlich nutzbare Server unterhält, die über ein
anonym öffentlich nutzbares Meshnetzwerk (Freifunk empfohlen) vernetzt
sind und auf denen freie Informationen über Kunst,Kultur und
Wissenschaft gesammelt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.
Jene Organisation kann dann auch aktiv das Meshnetzwerk (bitte besonders
auch die Forschung im Bereich der Routingprotokolle) fördern...

Ob die Meshnetzzugangsknoten auch beim Bäcker um die Ecke oder in den
Fillialen von Versicherungen und Banken stehen, ist egal. Wichtig ist,
dass jene Zugangsknoten prinzipiell für alle da sind und Zugang zu
Kunst, Kultur und Wissenschaft bieten.

Noch einfacher wird es, sobald die selbstlose Schaffung von
Infrastruktur und deren Betrieb in die Liste der gemeinnützigen Zwecke
aufgenommen werden.


Wenn es nach mir ginge, wäre auch der besonders gute und günstige Bäcker
an der Ecke gemeinnützig. Schade, dass unser System nicht mit einer Welt
kompatibel wäre, in der jeder Wirtschaftsbetrieb tatsächlich dem
Gemeinwohl dient...



-- 
Allan Wegan
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