[WLANtalk] [WLANnews] "Nonprofitrecht Aktuell" zur (Nicht-)Gemeinnützigkeit von Freifunk

Christoph Franzen freifunk at alte-pflasterei.de
Mi Okt 19 23:02:01 CEST 2016


Am Tue, 18 Oct 2016 14:18:06 +0200 schrieb ★ CaptainCrunch ★
<captain.crunch.2k12 at gmail.com>:

Hallo,

> Es kommt doch immer auf die Perspektive an.

in der Tat.

> Es ist absolut *unverständlich*, warum Bürgernetze nicht gemeinnützig
> sein sollten.

Das halte ich für historisch bedingt, hatte im April schon mal was dazu
geschrieben und zitiere mich hier mal einfach:

> > >> http://www.vereinsbesteuerung.info/internetverein.htm  
> 
> Ungüstig für uns ist, daß in der aktuell geltenden Vorschrift lapidar
> drinsteht, der Netzausbau sei nicht förderungswürdig. Wie man damals
> darauf gekommen ist, steht nur in der aufgehobenen Vorschrift, das ist
> aber dennoch interessant, es bietet einen Anhaltspunkt zu unseren
> Gunsten. Zwischen den damaligen „Internetvereinen“ und den meisten
> Freifunk-Vereinen besteht ein qualitativer Unterschied und das ist der
> Aspekt der „Selbstlosigkeit“.
> 
> Ein Kernpunkt der Finanzverwaltungsargumentation war, daß jene Vereine
> entweder eigene Einnahmen aus Internetzugängen erzielen oder aber
> ihren Mitgliedern kostengünstigen Zugang verschaffen wollten, was ein
> wirtschaftliches Eigeninteresse wäre.
> 
> Genau das unterscheidet die meisten heutigen Freifunk-Vereine zum
> Beispiel vom IN-Berlin: die Mitglieder wollen in aller Regel nicht für
> sich selbst einen kostengünstigen Mesh-Zugang an Stelle eines
> kommerziellen Anschlusses (im IN-Berlin-Fall heutzutage eher
> „besseres“ aber nicht „billigeres“ Internet), sondern sie selbst sind
> es, die ihre vorhandenen Netzzugänge bei kommerziellen Betreibern
> anderen Menschen ohne Kostenbeteiligung zur Mitnutzung überlassen; die
> Vereine „verdienen“ auch nicht durch Zugangs-Gebühren, sondern stellen
> ihre Infrastruktur auch Nicht-Mitgliedern kostenfrei zur Verfügung.

Daß der Netzausbau als nicht gemeinnützig gilt, liegt also schlichtweg
daran, daß die ersten Internetvereine zu Analog-Modem-Zeiten allesamt
ohne Teilnehmer-Gebühren nicht finanzierbar gewesen wären.

Die kostenfreien Alternativen waren die Mailbox-Netze (Maus-, Fido-,
Z-Netz), dort machte man mit eigenen Geräten und selbstfinanziertem
Telefonschluß einfach mit. Für das Internet kamen zu den Telefongebühren
weitere „Teilnehmergebühren“ durch den Anschluß des Vereins als solchen
hinzu, die durch Umlage auf alle Mitglieder und gegebenenfalls externen
Teilnehmer erwirtschaftet werden mußten.

Damit waren alle vereinsmäßig organisierten Bürgernetze geschlossene
Benutzergruppen, die das gleiche machten, wie kommerzielle Anbieter
(die es anfangs auch kaum gab): gegen Entgelt einen Internetzugang
anbieten.

Unterschied zu den Kommerziellen: nur Kostenumlage, kein Gewinn für den
Verein oder seine Mitglieder angestrebt.

Wer also auf seinen Freifunk-Vereins-Internetseiten nur vom Netzausbau
erzählt, hat es schwer, dem Finanzamt die Gemeinnützigkeit abzuringen,
dafür muß man mit der „Öffnungsklausel“ und dem entscheidenden
Unterschied der Selbstlosigkeit argumentieren, also dem kostenlosen
Zugang auch für Nichtmitglieder und Nicht-Zahler.

Was anscheinend noch niemand aus dem Freifunk-Umfeld versucht hat:
neben der Volksbildung ginge wohl noch die Förderung der Wissenschaft,
schließlich werden beim Freifunk maßgebliche Beiträge zu neuen
Mesh-Protokollen erdacht. Finanzbeamte denken dabei aber eher an
„Förderung von Forschungsvorhaben im Bereich $BLA an der Uni $BLUBB“.

Was in der Satzung steht, hilft aber alles nichts, wenn der Verein in
der Praxis zu 95% den Netzausbau vorantreibt und eher zufällig einzelne
Mitglieder dem Bildungs- oder Wissenschaftsauftrag nachgehen.

Ich habe das nach Wlantalk umgeleitet, Antworten bitte dort, weil keine
Neuigkeit.

Grüße, Christoph
-------------- nächster Teil --------------
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