[WLANtalk] Provider-AGB & Freifunk

Reto Mantz contact at retosphere.de
Do Jan 8 21:40:54 CET 2015


Hallo Kai,

ja, lässt sich so gut zusammenfassen.

Viele Grüße
Reto

Am 06.01.15 um 23:27 schrieb Kai 'wusel' Siering:
> Danke für Deine Ausführungen, Reto!
>
> Kurzfassung also: Nichts genaues weiß man nicht, außer, daß wohl noch
> kein Internet-Anbieter diese Karte bislang gegenüber Kunden gezogen
> hat. Nachweisen können darf der ISP die Freifunk-Nutzung nicht
> (Fernmeldegeheimnis), womit ihm auch keine Berechnung von
> Schadensersatz möglich ist [wobei, hilfsweise könnte er den
> VPN-Traffic nehmen?]. Das effektive Risiko ist mithin gering. Durch
> die geplante "Digital Single Market-Verordnung" der EU würden
> Klauseln, die das Teilen von Anschlüssen (explizit auch für
> Freifunker!) verbieten, unwirksam; unklar ist nur, ob/wann diese wie
> umfassend auch kommt. Reto, kann man das so als Quintessenz
> kommunizieren?
>
>
>
> FYI, das Pamphlet der NW hat es mittlerweile ins Handelsblatt
> geschafft:
> http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/mobile-welt/offene-wlan-netze-freifunk-fuer-alle/11156732.html
>
> Santos, "der seinen Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen
> möchte", ist nun deutschlandweit bekannt -- der Gute hatte wohl eine
> Vorahnung. Mittlerweile kann ich verstehen, warum Politiker Artikel
> erst nach Rezension passieren lassen -- oder Interviews gar nicht
> geben. Das mit dem Qualitätsjournalismus scheint mir eher ein großes
> Mißverständnis zu sein ...
>
> *seufz*
>
> Sich den harten Drogen zuwendend und für heute abmeldend,
> -kai
>
> On 19/12/14 11:56, Reto Mantz wrote:
>> Hallo,
>>
>> es gibt (meines Wissens nach) im Dunstkreis des Teilens von
>> Internetanschlüssen und Verboten bisher nur ein Urteil vom OLG Köln, das
>> zwischen zwei TK-Anbietern spielte (OLG Köln, Urt. v. 5.6.2009 - 6 U
>> 223/08: Unlauterkeit des Geschäftsmodells von FON, MMR 2009, 695 -
>> http://www.retosphere.de/php/download.php?fileId=53 - inklusive
>> Anmerkungen zum Urteil von mir). Da wehrte sich ein TK-Anbieter
>> (erfolgreich) gegen das Sharing-Modell von FON. Die Parteien haben sich
>> während der laufenden Revision beim BGH vergleichsweise geeinigt, so
>> dass unklar ist, was der BGH dazu gesagt hätte.
>> Das Urteil ist aber auch nicht so richtig für den vorliegenden Fall
>> interessant/anwendbar, weil das OLG Köln auf das AGB-Verbot des Teilens
>> des Anschlusses gar nicht richtig eingegangen ist. Es gibt also
>> tatsächlich bisher kein Urteil, das sich mit einer solchen
>> Verbotsklausel - insbesondere aus Verbrauchersicht - befasst hat. Es
>> gibt dazu nur juristische Literatur (nämlich - Achtung: Werbung! -
>> Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rn. 320-325, Kaeding, CR 2010, 164 und
>> Auer-Reinsdorff/Conrad, IT-Recht, 2011, § 20 Rn. 31)
>> Es wäre vielleicht eine nette Aufgabe für den VZBV, solche Klauseln mal
>> überprüfen zu lassen, zumal, wenn durch sie unklar ist, ob vom Verbot
>> des Teilens auch Familienmitglieder und Besucher erfasst sind,
>> vielleicht hat ja jemand von Euch Kontakte dahin und kann das mal
>> ansprechen. In solchen Fällen spricht einiges für eine generelle
>> Unwirksamkeit, da das Teilen von Internetanschlüssen wenigstens in der
>> Familie heute absoluter Standard ist (und die Anbieter auch mit WLAN für
>> die ganze Familie werben).
>>
>> Nach derzeitigem (!) Stand dürfte solche Verbote aber erstmal als
>> wirksam anzusehen sein, zumindest wenn sie ausreichend klar und
>> transparent sind. Was in dem Beitrag von NW angesprochen wurde, dürfte
>> also in der Regel richtig sein. Richtig ist aber auch, dass die Folgen
>> maximal Kündigung des Vertrages und Schadensersatz sind. Der
>> Schadensersatz dürfte denkbar gering sein - wenn er sich überhaupt
>> zahlenmäßig erfassen lässt. Und von einer Kündigung aufgrund eines
>> geteilten Anschlusses habe ich - ebensowenig wie von
>> Schadensersatzforderungen - noch nichts gehört. Die Anbieter können im
>> Ergebnis auch gar nicht herausfinden, welcher Datenverkehr vom
>> Anschlussinhaber, von Familienmitgliedern und von Freifunkern stammt.
>> Das gilt selbst ohne VPN, zumal die Anbieter auch gar nicht in den
>> Datenverkehr reingucken dürfen. Ist ein VPN zugeschaltet, ist der
>> Datenverkehr ohnehin verschlüsselt und nicht identifizierbar. Ich
>> persönlich sehe da kein Risiko, es muss aber jeder für sich ausmachen.
>>
>> Warum habe ich oben geschrieben "nach derzeitigem Stand"? Die EU
>> diskutiert seit einiger Zeit die sog. Digital Single Market-Verordnung,
>> die einen einheitlichen Telekommunikationsbinnenmarkt schaffen soll.
>> Bekannt ist das vor allem durch die Regelungen in Art. 23 der VO zur
>> Netzneutralität. Interessant ist aber, dass in Art. 14 und 15 Regelungen
>> speziell für WLAN vorgesehen sind (s. kurz hier
>> http://www.telemedicus.info/article/2636-Die-neue-Internet-TK-Verordnung-und-offene-WLANs.html
>>
>> (aber in dem Beitrag das mit der Störerhaftung nicht ernst nehmen) und
>> hier
>> http://www.offenenetze.de/2014/06/23/aufsatz-entwurf-der-single-market-verordnung-und-lokale-funknetze-in-cr-62014-erschienen/).
>>
>> Wenn die VO so kommt, wie das EU-Parlament sie beschlossen hat, wären
>> Klauseln, die das Teilen von Anschlüssen (explizit auch für Freifunker!)
>> verbieten, unwirksam.
>> Die schlechte Nachricht: Die Single Market-Verordnung hängt in den
>> Mühlen der EU. Ob und in welcher Form sie kommen wird, ist derzeit
>> völlig unklar. Möglicherweise werden nur die Regeln zu Netzneutralität
>> und Roaming demnächst kommen, was sonst noch kommt, ist wie gesagt
>> unklar.
>>
>> Aber dieser Entwurf der Single Market-VO ist nach meinem Verständnis ein
>> Superargument für Freifunk: Die EU-Kommission und das EU-Parlament
>> finden das Teilen von WLAN-Anschlüssen super ("Europe loves Wi-Fi", s.
>> http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-759_en.htm). Diese
>> Pressemitteilung gehört meines Erachtens ins
>> Standard-Freifunk-Werbepaket.
>>
>> Viele Grüße
>> Reto
>>
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