[WLANnews] NSA-Skandal als Chance für Freifunk

Frank Rühlemann ruehlema at informatik.uni-luebeck.de
Sa Jul 19 19:35:21 CEST 2014


Nein.

Wie kommerzielle ISPs ihre Daten routen, ist hier völlig uninteressant.
Im Zweifel müssen diese eh die Daten rausrücken. Auch an den BND. Daher
ist es ziemlich egal, ob das durch das Ausland geht oder nicht. Ob
unsere Geheimdienste das abgreifen, verwerten und rüberreichen oder das
im Ausland mitgeschnitten wird, ist eigentlich ziemlich Banane.

In einem offenen Netz sind die Daten genau so ungeschützt. Wie willst du
ausschließen, dass der Knoten nebenan vom Verfassungsschutz betrieben wird?

Aber auf die Geheimdienste müssen wir uns gar nicht konzentrieren, denn
die könnten am Ende auch in den genutzten Geräten Chips verbauen lassen.
Von der NSA ist bekannt, dass dies bei PCs teilweise gemacht wird.

Aber auch dem Betreiber der Nachbarknoten kannst du nicht wirklich
trauen. Dort könnten auch die Daten gespeichert, ausgewertet oder
manipuliert werden. Auch Privatpersonen können anderen schaden, wenn sie
unschöne Daten weitergeben.
Aus Selbstschutz ergibt sich daher, dass bei wichtigen Daten nur
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung genutzt werden kann.

Freifunk kann nicht solch hohe Anonymitätsziele wir das Zwiebelnetz
anstreben. Dafür ist die Technik nicht sinnvoll. Außerdem kann man sich
dafür auch über ein Freifunknetz ins Tor-Netz einwählen.

In einem Freifunknetz wird nicht zwingend auf dem kürzesten Weg
geroutet. Es wird in die Richtung geroutet, die _vermutlich_ am
kürzesten ist. Aber auch diese Daten können manipuliert sein und der
Verkehr wird damit dann umgeleitet. Sinnvoll und wirksam lässt sich das
nicht verhindern, wenn man gleichzeitig noch ein offenes Netz bauen will.

Am 19.07.2014 17:04, schrieb Rene Bartsch:
> Der Casus-Knaxus liegt in der Netzstruktur. Kommerzielle Anbieter, wie
> Telekom und Vodafone, haben eine hierachische Verwaltungsphilosophie,
> die sie auch auf die Netzstruktur anwenden. Dadurch haben sie das
> "Netz" größtenteils in einen Baum mit hierachischer Struktur und
> zentralen Knoten umgebaut. Datenpakete eines Vodafone-Anschlusses zum
> Nachbarn mit Unitymedia-Anschluss werden in der Regel immer über den
> DECIX-Knoten in Frankfurt geleitet. Die Telekom verweigert das Peering
> am DECIX, um hohe Traffic-Gebühren kassieren zu können. Deshalb werden
> Datenpakete deutscher Internetprovider aus Kostengründen meistens über
> die USA ins Telekom-Netz geroutet.
>
> Weil fast der gesamte Datenverkehr über wenige Zentralknoten fließt,
> ist es für die Schlapphüte leicht, Meta-Daten und unverschlüsselte
> Inhalte abzuschnorcheln.
>
> In einem Maschennetz läuft der Datenverkehr immer über die zeitlich
> kürzeste Verbindung - also direkt zwischen Deinem Freifunk-Knoten und
> dem Deines Nachbarn oder nur über ein paar lokale Zwischenknoten
> Deiner Nachbarn. Aber eben nicht über das DECIX oder die
> transatlantischen Glasfaserkabel, an denen auch noch NSA und GCHQ
> mitschnüffeln. Der Vorteil eines Maschennetzes ist die exponentielle
> Anzahl der Routen mit gleichzeitiger lokaler Begrenzung. Angenommen es
> gäbe in Deutschland 10.000.000 Gebäude mit einem Freifunk-Knoten. Dann
> müssten die Schlapphüte mindestens 2.000.000 Freifunk-Knoten
> manipulieren und abschnorcheln um die aktuelle Traffic-Abdeckung zu
> erreichen. Geheime Überwachungsanordnungen an 2.000.000 Betreiber
> lassen sich nicht geheim halten. Schon gar nicht, wenn Betreiber und
> Nutzer identisch sind. Die Kosten wären extrem - selbst im Vergleich
> zu Heute.
>
> Die Inhalte müssen natürlich weiterhin verschlüsselt werden. Selbst
> meine private Webseite ist bereits mit DNSSEC und DANE gesichert. Zur
> Zeit beschäftige ich mich damit, den Mail-Server auf einem RaspberryPi
> nach Hause zu holen und DNSSEC/DANE/TLS bzw. sogar TOR als
> Transportverschlüsselung einzusetzen (DNSSEC/DANE/TLS basiert auf den
> DNS-Root-Keys, zu denen die NSA vermutlich Zugang hat).
>
> Im Extremfall kann man auf ein Freifunk-Netz noch ein Onion-Netz, wie
> z.B. I2P, aufsetzen, um die Überwacher zu verwirren. In der aktuellen
> hierachischen Internet-Struktur, in der Nutzer durch dynamische
> IP-Adressen und NAT auch noch zur Nutzung von überflüssigen
> Serverdiensten gezwungen werden, sind die Meta-Daten ungeschützt.
> Kurzum, im kommerziellen Internet haben wir in Folge des ungeschützten
> Datenverkehrs die Immunschwächekrankheit "Geheimdienst", die unsere
> Grundrechte zersetzt.
>
>
> Deshalb: "Freifunk statt Abschnorcheln!" ;-)
>
>
> Grüße,
>
> Renne
>
>
>
> Am 2014-07-18 18:44, schrieb Frank Rühlemann:
>> Du hast aber gleichzeitig das Problem, dass du aus
>> Sicherheitsbetrachtungen den Knoten und anderen Teilnehmern trotzdem
>> nicht trauen kannst. Woher willst du sicherstellen, dass der BND keinen
>> Knoten betreibt und das Netz überwacht?
>>
>> An jeder Stelle des Netzes sind Mitschnitte und Manipulationen der Daten
>> möglich. Das dafür der Aufwand egal ist, haben wir aus dem letzten Jahr
>> wieder einmal gelernt.
>> Wichtig ist, dass jeder Internetnutzer diesen Fakt verinnerlicht und
>> harte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung benutzt. Alles andere ist
>> Augenwischerei.
>>
>> Vor einigen Jahren wurde man auch noch ausgelacht, wenn man davon
>> erzählte, dass die Geheimdienste Alles abgreifen können. „Das kostet zu
>> viel. Das lohnt sich nicht.“ Rational nach Kosten und Nutzen wird da
>> Nichts abgewogen. Die aufgebauschte Angst vor dem Terror rechtfertigt
>> Alles.
>>
>> Daran ändert auch Freifunk nicht einen Hauch und im Netz läuft die
>> grundlegende Kommunikation eh unverschlüsselt ab. Auch starke Anonymität
>> kann ein solches Netz nicht gewährleisten.
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