[WLANnews] BILD: Piraten Freifunk in Dresden

[Christoph Franzen]

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Am Mon, 15 Jul 2013 20:58:33 +0200 schrieb Matthias Mehldau
<wetter at netzpolitik.org>:

Hallo,

> Am 15.07.2013 17:06, schrieb Christoph Franzen:
> 
> > Gleichwohl ist und bleibt es ein Problem, daß Freifunk inzwischen 
> > flächendeckend mit „Piratenpartei“ assoziiert wird, besonders bei 
> > Mitgliedern anderer Parteien ist das auffällig.
> 
> Huch, welche Anhaltspunkte bzw Erfahrungen hast Du denn gesammelt,
> dass Du zu diesem Schluss kommst?

meine hauptsächliche ehrenamtliche Aktivität entfalte ich bei
den Pfadfindern (DPSG).

Da habe ich mal Freifunk als Lösung des Problems ins Spiel gebracht, daß
das Vereinsheim keinen Telefon- und Internetanschluß hat, was nicht
unbedingt nötig, aber doch praktisch wäre. Freifunk „an sich“ ist für
einen Jugendverband auch eher Spielerei. Da wird in der Diskussion auch
nicht zwischen „Freiheit“ und Kommerz in Verbindung mit staatlichem
Abhörwahn abgewogen, sondern zwischen Abmahndrohung und 5€ monatlich
für „Aldi Talk“.

Kommentar eines Pfadfinderkollegen: „Freifunk? Ah, Piratenpartei …“
Der ist CDU-Ratsherr und fand die Idee selbst grundsätzlich gut.

Bei einem der Freifunk-Mumbles hat ein FDP-Mitglied auch erstmal
vorsichtig angefragt und die Parteimitgliedschaft preisgegeben, damals
fand das noch auf dem Piraten-Server statt.

Für Politiker spielt es nunmal keine Rolle, daß Freifunk historisch
gesehen viel älter als selbst die originale schwedische Piratenpartei
ist, die haben schlichtweg nicht viel davon mitbekommen, bevor die
Piraten voll darauf abgefahren sind und verbinden das nun damit.

Der Umweltschutz ist ja auch älter als die Grünen und eine Zeitlang
hat das niemanden interessiert. Da war „Öko“ nur mt „nomie“ gut und mit
„logie“ der natürliche Feind des Wirtschaftswachstums und
Arbeitsplatzvernichter.

Das kann mit den Internetthemen allerdings ganz anders kommen,
es ist nicht gesagt, daß die anderen Parteien sich
nach und nach doch irgendwann den Piratenforderungen annähern und dann
schon alles besser wird.

Vieles von dem, was wir hier als gut und wünschenswert ansehen,
begreifen Sicherheitspolitiker immerhin als schädliche Nebenwirkung,
die man dem Freifunk erstmal austreiben muß.

Solange wir nur die Abdeckungslücken stopfen, die den Kommerz-Providern
zu teuer sind und es kein flächendeckendes, abhör-resistentes Netz
gibt, tut uns keiner was.

> Das wär ja wirklich nicht sehr schön,

Ist aber weitgehend so, man sieht es auch hier wieder, daß die
Piraten es auf die politische und mediale Bühne heben und jetzt erkläre
mal einem Bildzeitungsleser, daß die es nicht erfunden, sondern nur
aufgegriffen haben.

Wer will's den Leuten auch verdenken - wo Freifunk stattfindet, sind
Piraten meist nicht weit.

Bei den Pfadfindern kenne ich aus der Vergangenheit auch (jetzt mal was
überspitzt) das folgende Phänomen: für erzkonservative Katholiken
sind wir zwar dem Namen nach katholische Vereine, aber doch alle
bloß „linke Soziologen“; die Sozialdemokraten hingegen sehen uns in der
katholischen, also konservativen Ecke.

Darüber hinaus sehen viele Leute - vor allem auch Nichtpolitiker - die
VPN-Diskussionen als heimliche Umgehung Deutschen Rechts an, oft
dieselben, die so manchen abgemahnten Tatbestand gar nicht als
Urheberrechtsverletzung begreifen würden.

Dieselbe Hauptschullehrerin, die mit den Kindern vor Jahren
mit (womöglich raubkopiertem) Corel-Draw und sonswto zusammengeklaubten
Clip-Arts eine Schülerzeitschrift zur Finanzierung der Klassenfahren
gemacht hat und das Neuzusammenstellen solcher Versatzstücke nicht nur
unproblematisch, sondern höchst kreativ fand, hat allen Ernstes mit mir
herumdiskutiert, daß es doch gut wäre, wenn der Vereins-Netzzugang
nicht vom bösen Kinderschänder- oder Raubkopierernachbarn mitgenutzt
werden könnte.

Viele Grüße, Christoph
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