[WLANnews] Brauch ma nich

willi übelherr wube at gmx.net
So Jan 6 17:00:51 CET 2013


lieber allan,

du hast etwas zusammengefasst, was so zunaechst nicht im raum stand und erst 
nach und nach in den vordergrund rueckte. vor allem deine verbindung zu 
vollzugszwaengen ist ausschliesslich dir selbst zu verdanken.

ich will es nochmals auf meine sichtweise konzentrieren.

1) anonymitaet ist eine illusion.
wir koennen von 3 nutzergruppen ausgehen.

a) menschen, die die verschiedenen instanzen der quasi-direkten 
kommunikation einfach nutzen, ohne sich besondere gedanken um deren 
technische methoden zu machen. fuer sie gilt die "anonymitaet".

b) menschen, die sich der technischen methoden und strukturen bewusst sind. 
fuer sie schrumpft die "anonymitaet" auf kleine und kleinste bereiche.

c) menschen, die sich dem kommunikationssystem professionell und 
kontrollierend naehern. fuer sie existiert die "anonymitaet" nicht. egal, 
mit welchen methoden dort gearbeitet wird.

wenn ihr diesen gedankengaengen folgt, dann existiert "anonymitaet" nur fuer 
normale und technisch unwissende in ihrem begrenzten vorstellungsraum. 
insofern stellt sich fuer mich die frage, warum in einem technischen forum 
leidenschaftlich auf "anonymitaet" wert gelegt wird.

die durchsetzung einer "anonymitaet" oder "nicht-anonymitaet" ist sowieso 
unsinn. aber die reflektion ihres gehalts scheint mir nuetzlich.

2) die diskussion um "anonymitaet" wird zur selbstbeluegung
so hat fuer mich die diskussion um "anonymitaet" eher einen religioesen 
charakter. wie so manche diskussionn um oekonomie, geldsysteme, 
rechtstheorien. es sind allesamt scheingefechte, sich abarbeitend an etwas, 
was nicht existiert. Don Quichote laesst gruessen. ich wundere ich mich oft 
ueber theoretische allueren, die jeglicher realitaet beraubt sind. es hat 
etwas mit nicht ueberwundener "Infantilitaet" zu tun. da will ich an I.Kant 
erinnern: was ist aufklaerung? "die Ueberwindung der selbstverschuldeten 
Unmuendigkeit".

3) weil ich um die beschraenkung der erkenntnis weiss, versuche ich, den 
gehalt von vorstellungen in frage zu stellen. fuer uns sollte es eigentlich 
ziel sein, die schleier zu lueften, um das wesen der dinge in den 
vordergrund zu ruecken. es bleibt jedem sich selbst vorbehalten, sich mit 
illusionen einzuhuellen. nach beliebigkeit. und so ein inneres gleichgewicht 
zu erzeugen, selbst wenn es nur im "Glauben" ruht.

in der frage der gestaltung technischer kommunikationssysteme bleibt es uns 
frei, wie weit wir bestehende erwartungshaltungen erfuellen wollen oder 
nicht. die inneren widersprueche muss dann jedE fuer sich selbst aufloesen, 
wenn sie ernst machen will mit einigen zielvorstellungen, was sich hinter 
dem begriff "Freifunk" verbirgt.

mit lieben gruessen, willi
mérida/venezuela



Am 06/01/2013 8:28, schrieb Allan Wegan:
>> Wie kann denn dann ein Konsens oder eine Einigung überhaupt erzielt
>> werden?
>
> Pseudonymität ist eigendlich im stofflichen Leben der Default. Wenn ich
> meine Identität nicht verrate, bin ich per Default erst mal anonym.
> Im Realleben schleppe ich aber eine Menge Identifikationsmerkmale mit
> mir rum, die mich mindestens Pseudonym unterwegs sein lassen.
> Spätestens, wenn ich meinen echten Ausweis zeige, bin ich mit "Realname"
> unterwegs.
> Das ist für die meisten Menschen gegenüber den meisten anderen Menschen
> auch online so.
>
> Nun gibts online die IP-Adresse, verschiedene Sorten Cookies und andere
> Fingerprintingmaßnahmen, die die Identifizierbarkeit mit etwas
> Forschungsaufwand ermöglichen.
> Aber die IP-Adresse maskiert man leicht per VPN oder Cryptonetz. Gegen
> Cookies helfen der Verzicht auf Flash und ordentliche
> Browsereinstellungen. Gegen Fingerprinting ein häufig genutzter Browser
> und die Vermeidung von besonders auffälligem Verhalten (beispielsweise
> die Nutzung von seltenen besonders formatierten Smilies).
> Im stofflichen Leben gibt es abseits von Versammlungen im öffentlichen
> Raum die Möglichkeit der Vermummung, wenn man anonym sein will (die
> Burka als Kleidungsstück im Wandel vom Zeichen der Unterdrückung zum
> Symbol für gelebte Anonymität und Widerstand gegen den Kamerawahn? War
> die silberne Burka auf dem 29c3 womöglich eine Aktion in diese Richtung?).
>
> Ein Realname-Zwang, der effektiv sein soll, müsste auch durchgesetzt
> werden. Das Durchsetzen eines solchen ist im Online-Community-Bereich
> normalerweise aber zu aufwändig oder schließt erwünschte Teilnehmer aus,
> die sich dann bewusst gegen die "Stasi"-Site entscheiden.
> Es wird natürlich ab und an dennoch versucht. Manche sperren
> Anonymisierungsdienste aus, andere manche Freemailer (aber kaum wer hat
> wirklich den Mut, gmail.com zu sperren).
> Im stofflichen Leben sehen wir durchgesetzte Realnamenzwänge, die
> funktionieren. Behörden und Notare bestehen auf die Ansicht des
> Ausweises und kommen damit durch, weil der Bürger keine annehmbare
> Alternative hat und die Allgemienheit der Notwendigkeit dieser Maßnahme
> zustimmt.
> Aber wenn ich im was kaufe und bar bezahle, interessiert sich zu Recht
> keiner für den Realname.
> Realnamenzwänge dienen dem Schutz vor Kriminalität. Ich denke nicht,
> dass wir den hier brauchen. Jemand könnte einen anderen ein Arschloch
> nennen. Aber abseits vom Sinn der entsprechenden Rechtsvorschrift,
> sollte man da auch die Verhältnismäßigkeit des Präventionsaufwands
> berücksichtigen.
> Ansonsten ist dies eine Online-Community zum politischen und technischen
> Informationsaustausch. Ich sehe da kein großes Gefärdungspotential -
> insbesondere nicht im Vergleich zum gewönlichen Heimwerkermarkt mit
> anonymer Bezahlmöglichkeit.
>
> Es bleibt also einzig der Aspekt, ob die Leute freiwillig ihren
> Realnamen angeben oder nicht. Und da braucht es keinen Konsens. Wer das
> will, tut es auch ohne Konsens. Wer das nicht will, wird auch jeden
> irgendwo von irgendwem gefundenen Konsens ignorieren.
>
>
> Es ist also egal, ob es einen Konsens geben kann oder nicht. Und
> praktischerweise gibt es auch keine Notwendigkeit zwecks Gefahrenabwehr,
> den Realname zu nutzen.
>
>
>
>
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