[WLANnews] Brauch ma nich

Allan Wegan allanwegan at allanwegan.de
So Jan 6 13:58:07 CET 2013


> Wie kann denn dann ein Konsens oder eine Einigung überhaupt erzielt
> werden?

Pseudonymität ist eigendlich im stofflichen Leben der Default. Wenn ich
meine Identität nicht verrate, bin ich per Default erst mal anonym.
Im Realleben schleppe ich aber eine Menge Identifikationsmerkmale mit
mir rum, die mich mindestens Pseudonym unterwegs sein lassen.
Spätestens, wenn ich meinen echten Ausweis zeige, bin ich mit "Realname"
unterwegs.
Das ist für die meisten Menschen gegenüber den meisten anderen Menschen
auch online so.

Nun gibts online die IP-Adresse, verschiedene Sorten Cookies und andere
Fingerprintingmaßnahmen, die die Identifizierbarkeit mit etwas
Forschungsaufwand ermöglichen.
Aber die IP-Adresse maskiert man leicht per VPN oder Cryptonetz. Gegen
Cookies helfen der Verzicht auf Flash und ordentliche
Browsereinstellungen. Gegen Fingerprinting ein häufig genutzter Browser
und die Vermeidung von besonders auffälligem Verhalten (beispielsweise
die Nutzung von seltenen besonders formatierten Smilies).
Im stofflichen Leben gibt es abseits von Versammlungen im öffentlichen
Raum die Möglichkeit der Vermummung, wenn man anonym sein will (die
Burka als Kleidungsstück im Wandel vom Zeichen der Unterdrückung zum
Symbol für gelebte Anonymität und Widerstand gegen den Kamerawahn? War
die silberne Burka auf dem 29c3 womöglich eine Aktion in diese Richtung?).

Ein Realname-Zwang, der effektiv sein soll, müsste auch durchgesetzt
werden. Das Durchsetzen eines solchen ist im Online-Community-Bereich
normalerweise aber zu aufwändig oder schließt erwünschte Teilnehmer aus,
die sich dann bewusst gegen die "Stasi"-Site entscheiden.
Es wird natürlich ab und an dennoch versucht. Manche sperren
Anonymisierungsdienste aus, andere manche Freemailer (aber kaum wer hat
wirklich den Mut, gmail.com zu sperren).
Im stofflichen Leben sehen wir durchgesetzte Realnamenzwänge, die
funktionieren. Behörden und Notare bestehen auf die Ansicht des
Ausweises und kommen damit durch, weil der Bürger keine annehmbare
Alternative hat und die Allgemienheit der Notwendigkeit dieser Maßnahme
zustimmt.
Aber wenn ich im was kaufe und bar bezahle, interessiert sich zu Recht
keiner für den Realname.
Realnamenzwänge dienen dem Schutz vor Kriminalität. Ich denke nicht,
dass wir den hier brauchen. Jemand könnte einen anderen ein Arschloch
nennen. Aber abseits vom Sinn der entsprechenden Rechtsvorschrift,
sollte man da auch die Verhältnismäßigkeit des Präventionsaufwands
berücksichtigen.
Ansonsten ist dies eine Online-Community zum politischen und technischen
Informationsaustausch. Ich sehe da kein großes Gefärdungspotential -
insbesondere nicht im Vergleich zum gewönlichen Heimwerkermarkt mit
anonymer Bezahlmöglichkeit.

Es bleibt also einzig der Aspekt, ob die Leute freiwillig ihren
Realnamen angeben oder nicht. Und da braucht es keinen Konsens. Wer das
will, tut es auch ohne Konsens. Wer das nicht will, wird auch jeden
irgendwo von irgendwem gefundenen Konsens ignorieren.


Es ist also egal, ob es einen Konsens geben kann oder nicht. Und
praktischerweise gibt es auch keine Notwendigkeit zwecks Gefahrenabwehr,
den Realname zu nutzen.



-- 
Allan Wegan
Jabber: allanwegan at erdor.de
ICQ: 209459114


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