[WLANnews] Freifunk wiederbeleben (update oder zweiter Versuch)

Jan Lühr ff at stephan.homeunix.net
Di Jan 1 16:06:56 CET 2013


Hallo,

ich versuche auch mal auf Deine Mail zu antworten - was wegen der vielen Punkte aber nicht ganz einfach ist.

Erstmal finde ich es gut, wenn Du Visionen hast, was Freifunk für Dich leisten / können soll und diese einbringst. 
Wichtig für Freifunk ist immer der "lokale" Ansatz: Stammtische / Communities treten zusammen um ihr Netz zu bauen. Ein Freifunk-Netz hat immer das Ausmaß der zugehörigen Community.
Je nachdem wo Du wohnst, gibt es unterschiedlich viele gleichgesinnte - hier wäre Dein Anlaufpunkt.

Zu Deinen Punkten: Manche sind gute Idee, mache klingen eher absurd.

Am 31.12.2012 um 18:22 schrieb smilebef at gmail.com:

> Das Potential was mir vorschwebt bedarf allerdings eines sehr
> leistungsfähigen und vor allem eines sehr gut durchdachten
> Protokolls und Routings. Jeder Server/Knoten soll einige grundlegende
> Funktionalitäten bereitstellen.
> Ich möchte hier mal ein paar Fähigkeiten umreißen, welche Freifunk
> können müsste, um mehr Beachtung zu finden, und um euch eine Idee zu
> vermitteln was mir in etwa vorschwebt. Über die Umsetzung habe ich mir
> noch nicht ausreichend Gedanken gemacht, aber deswegen frage ich ja
> auch in diese Runde.
> 
> Was ist also der Grund meiner Mail?
> Ich wünsche mir etwas, was Freifunk leisten soll.
> Ich habe das mal in ein paar Stichpunkten zusammengefasst und versucht
> zu erklären.

Interessant imho: Für wen soll Freifunk dies leisten? Für Dich, für Deine Freunde? Für alle?
Für alle und überall wird schwierig bis unmöglich, da ein Freifunk-Netz auf die Community beschränkt ist. Wenn Du / Ihr allerdings schon eine Community seid, könnt Ihr ein Netz betreiben, dass viele der u.g. Punkte erledigt.

> 1.  Freifunk soll aus vielen unabhängigen Knotenpunkten (Servern)
>    bestehen.
> 2.  Freifunk soll auch ohne Zugang zum Internet ein funktionierendes
>    Netz bilden.
> 3.  Freifunk soll also Lokale Netze in Ballungszentren ermöglichen.

Die ersten 3 Punkte sind Ideen, die jeder Freifunker unterschreiben wird - fast jedes FF-Netz setzt sie um.


> 4.  Freifunk soll auch diese Lokalen Netze mit einander verbinden
>    können.
> 5.  Freifunk soll Schnittstellen zum Internet haben, welche aber
>    nicht Hauptanliegen sein soll, sondern lediglich
>    Neben/Abfallprodukt. Die volle Leistung soll Freifunk also im
>    eigenen Netz entfalten.

Ich denke, Freifunk ist technisch kaum vom Internet zu unterscheiden (nicht www!). 
Das internet ist keine einheitliche Masse - es ist auch ein Verbund kleinerer Netze (Fachbegriff: autonome Systeme).
"Das Internet" und Freifunk nutzen die gleichen Kommunikationsprotokolle IPv4, IPv6, TCP, UDP, z.T. BGP und es macht technisch keinen Sinn hier zu trennen.
Manche Freifunk-Netze sind ein Teil des Internets - mit öffentlichen IP-Adressen.

> 6.  Freifunk soll Ballungszentren verbinden, indem international
>    gewidmete Server in lokalen Netzen gespiegelt werden.
> 7.  Freifunk soll also in lokalen Netzen besonders schnell sein, und bei
>    überregionalen Anfragen etwas langsamer sein dürfen. (Einfach weil
>    die Anfragen seltener sind). Vielleicht sollte es auch eine
>    örtliche Begrenzung für Suchanfragen geben.

Jetzt wird es komplex. Praktisch gesehen gibt es viele Ansätze die genau das leisten:
Das Internet verbindet an sich schon all diese Netze. Ich verstehe nicht genau, was Du hier mit "verbinden" meinst,

Längere Überlandleitungen und Seekabel sind teuer und werden von großen Firmen oder ISPs betrieben. Die Idee des Internets ist es ja gerade, all diese Leitungen zu einem Netz zusammen zu fassen.
Wenn 6. und 7. deine Ziele sind, widerspricht sich das mit 5.

> 8.  Diese Serverhardware soll beim Einstecken eines Speichersticks,
>    diesen Komplett und ohne zusätzlicher Konfiguration und ohne
>    versteckter Dateien als Webspace veröffentlichen. (also alle
>    Dateien werden suchbar und können herunterheladen werden,
>    vielleicht genau wie ein webserver, init.htlm ist die Webseite des
>    Knotens???)

Das Punkt klingt etwas komisch: Es gibt bereits Hardware die genau das leistet (NAS-Systeme) und die Du in viele Freifunk-Netze integrieren kannst.
Das ist eigentlich kein Freifunk-spezifisches Problem.

Die folgenden Punkte beschreiben Dienste, die über das Freifunk-Netz genutzt werden sollen (ich habe sie ein wenig gekürzt).
Zunächst gibt es bereits Software, die genau dies leistet. Ich habe sie kurz daneben geschrieben. Grundsätzlich können alle diese Dinge in einem Freifunk-Netz genutzt werden.
Freifunk kann (von wenigen Dingen abgesehen) an sich zur Umsetzung Deiner Idee verwendet werden.

Viele Punkte, haben jedoch keine wirkliche Nutzerbasis in den meisten Freifunk-Netzen. Dennoch kannst Du gerne mit Deinen Freunden und Bekannten ein Freifunk-Netz aufbauen, indem genau diese Dinge passieren.

> 9.  Auf dem Server könnte zum Beispiel Python laufen, 
>    selbst die Serverseitigen Skripte sollen ohne Einschränkung
>    downloadbar und lesbar sein!!!. (Wichtig, ich will Transparenz!)
>    Ich möchte das es möglich ist, die Verwendung und Speicherung von
>    Daten zu überprüfen, von Jedermann!

Es gibt Linux-Distributionen für Webentwickler, die solch einfache Hosting-Ansätze verfolgen.
Jemand der eine Python-Anwendung deployed wird jedoch besondere Anforderungen haben - eine unversiselle Hosting-Platform wird schwierig.

> 10. Es soll von jedem nachvollzogen werden können, ob die Software
>    auf einem Knoten noch die Originale ist. Also wie könnte man so
>    etwas bewerkstelligen? Mit einem in Python geschriebenem md5sum
>    vielleicht? Dieser Punkt ist meines Erachtens extrem wichtig, um
>    Manipulationen erkennen zu können und die Freiheit zu garantieren
>    welche mir vorschwebt. Ich meine wir sprechen, von in Bäumen
>    hängenden Computern, oder?
>    Möglicherweise muss der Inhalt eines Knotenservers geschützt
>    werden, indem es einen Knotenrechner und einen dazugehörigen
>    räumlich geschützten Spiegelserver gibt.

Das verstehe ich nicht. Für wen soll das relevant sein? Geschlossene Systeme sind sehr aufwendig und werden von vielen als Einschränkung empfunden.
Warum Du Computer an Bäume hängen willst, verstehe ich nicht.


> 11. Es soll eine Suchfunktion existieren, basierend auf dem Protokoll
>    und der Knotensoftwar

Vgl Freenet.

> 12. Es soll eine Dateianforderung existieren.
>    <Dateianforderung:"/home/sch/hallo.pdf";GMT:22.43.34;RID:8321784;HinPfad:ID:2345,2345,2345,2345,3245....;>

Vgl. Freenet.

> 13. Eine Art ssh wäre nicht schlecht.
>    <Befehl:"ls-A";GMT:22.43.34;RID:8321784;HinPfad:ID:2345,2345,2345,2345,3245....;>
>    <stdout:".,..,hallo.pdf";GMT:22.43.34;RID:8321784;RueckPfad:ID:2345,2345,2345,2345,3245....;>

Vgl. SSH über tor

> 14. Eine Mail wird automatisch mittels public und private key
>    verschlüsselt. Es gibt verschiedene Postfachserver. Mails werden
>    dort maximal ein Jahr gespeichert.

Vgl. GPG, PKI, CaCert. Es gibt afair auch einige Linux-Distributoren die diesen Stack schon integriert haben.

> 15. Es soll Newtickerserver geben. Jeder darf dort News schreiben.
>    (ca.3000 Tote bei Flugzeugabsturz (: , Quelle: Name Anschrift.)
>    Die News sollten nach Themen geordnet sein. Die News sollten durch
>    so etwas wie Aufrufe in der Prioritätenliste steigen.

Vgl. Freenet:

> 16. Ein einheitlicher WYSIWYG Browser (Opensource) soll alle
>    Funktionalitäten vereinfachen.

Vgl. Freenet-Browser-Integration / Tor-UI

> 17. Es wäre sehr wünschenswert, wenn meine Großmutter in Wittstock
>    selbstständig ohne fremder Anleitung und ohne Konfiguration solch
>    einen Knoten mit einer Webseite und einem Newsticker und einem
>    Mailserver aufstellen könnte. Dieser Knoten sollte wie ein
>    Hotspot arbeiten aber gerne einen extra Browser bedürfen.

Vergiss es.

> 18. Eine andere wichtige Sache ist ein Statistikserver. Ich weiss
>    gar nicht ob es so etwas schon gibt, ich glaube aber nicht. 
>    Solch ein Server soll Statistiken erheben können.
>    Die Statistik soll letztlich als Download einer csv-Datei zur
>    Verfügung stehen. Damit man verschiedene Vergleiche anstellen kann.
>    Ich stelle das so vor:
>    Jemand erstellt eine neue Statistik, dazu erstellt er einen
>    Account(Username, Passwort, Pfad). Die Statistik könnte heißen
>    "Durchschnittliche Erträge der Bauern pro Jahr und pro Produkt".
>    Diese Statistik kann jetzt nicht mehr gelöscht werden. Der
>    Ersteller darf höchstens noch den Titel mit einem weiteren Titel
>    ergänzen und einen Kommentar dazu schreiben.
>    Jetzt könnte jeder Bauer dieser Welt, sich einen Account erstellen
>    Account(Username, Passwort, Pfad). Der Pfad/also Erstellungsort
>    wird für die Validierung der Statistik benötigt. Damit Betrug
>    erkannt werden kann. Somit kann eine Karte mit Einwohnerzahlen und
>    den Einträgen aus der Statistik verglichen werden.
>    Dann könnte beispielsweise eine weitere Statistik erhoben werden.
>    Diese heißt dann vielleicht "Bedarf der Menschen pro Jahr an
>    Kartoffeln". Hier sollten dann Einwohner dieser Erde die
>    Möglichkeit für einen Eintrag haben. (Nur mal um die Anzahl der
>    Einträge abschätzen zu können. 
>    Eine weitere Statistik könnte folgendermaßen lauten:
>    "Jeder Mensch innerhalb dieses beschränkten Gebietes einigt sich im
>    friedlichen Einvernehmen und auf Androhung einer Strafe verbindlich
>    den grundlegenden Gesetzen zu entsprechen." (Dies war einer der
>    ursprünglichen Gedanken für einen freien Freifunk, das gebe ich
>    offen zu, ich glaube dafür muss ich mich nicht schämen.)

Klingt wie bitcoin für statische Daten - lustiges konstrukt. ich weiß aber nicht, warum man sich den Aufwand machen möchte.
Du kannst auch Deine Statistik im Freenet ablegen, sie digital signieren und hoffen, dass sie ausreichend repliziert wird.


> 19. Der vorangehende Punkt bedarf eines Diskusionsservers.
>    Der Diskusionsserver sollte zielorientiert die Entwicklung eines
>    Konsens ermöglichen. Dieser Server sollte
>    eine Verbindung mit einem Statistikserver ermöglichen. Damit
>    geprüft werden kann wie sich allgemeine Meinungen, zu einer
>    Diskussion sich entwickelt.

Vgl. Freenet.

> Ich wünsche mir ein Netzwerk, welches ohne DNS und Google 
> das von den Majas prophezeite neue Zeitalter in die richtige
> Richtung schiebt. (:
> 
> Wie kann ich ein Netz realisieren, welches maximale Transparent eines
> jeden Servers bietet und mit maximaler Anonymität den Nutzer schützt?
> Haltet Ihr das überhaupt für sinnvoll? 

Sicher - es ist imho gut denkbar, Tor oder Freenet über Freifunk zu verwenden. 

> 
> Wie gesagt, ich wollte das Thema gerne mit euch diskutieren. 
> Was denkt Ihr?


Schwierig - ich denke, Du musst Dir überlegen welches Problem Du lösen möchtest: Mit wem genau möchtest Du wie kommunizieren.
Deine Vision ist super komplex und existiert in vielen Teilen bereits - mach Dir Gedanken über kleine Häppchen, die Du dann umsetzen kannst.
Ein Ziel ohne Plan ist ein Traum.

Alles Gute
Jan
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