[WLANtalk] Vorbereitung Workshop Dezentralität und Selbstverständnis

Martin Tippmann martin.tippmann at gmail.com
Sa Jul 23 02:40:58 CEST 2016


2016-07-21 13:12 GMT+02:00 Marc-Andre Alpers <m-a.a at mail.de>:
> Moin!

Moin,

> Ich persönlich finde die Struktur des heutigen Internets auch in keiner
> Weise undemokratisch. Jeder kann wenn er will ein eigenes Netz aufbauen. In
> seinem Netz kann er Routen so wie es ihm Spaß macht. Kann sich als Autonomes
> System deklarieren und dann mit anderen solchen Netzen in Verbindung treten
> und Vereinbarungen mit diesen Netzen eingehen ob die seine Daten zu weiteren
> Netzen durchleiten. So sieht das Internet heute aus und ich finde das ist
> nicht die schlechteste Lösung. Ich meine Infrastruktur entsteht ja nicht aus
> Luft und Liebe sondern muss gebaut werden. Nur verständlich das dieses
> Kosten verursacht und das ich Netznutzern dann zur Kasse bete. Wenn ich
> natürlich ein Netz mit Idealisten wie hier im Freifunk aufziehe, dann ist
> das trotzdem nicht kostenlos, denn diese Idealisten buttern zumeist nicht
> unerhebliche Mengen an Euros da hinein um anderen ein kostenloses Netz zur
> Verfügung zu stellen.

Das ist doch alles politisch. Wo man auch stehen mag, man sollte wohl
die Begriffe klären.
Was ist für dich undemokratisch? Wie kann ich mir ein AS deklarieren
ohne eine Organisation, ohne Strukturen oder alternativ Geld, dass mir
erlaubt diese "Dienstleistung" einzukaufen.

Deine Argumentation ist ist völlig korrekt, aber eben auch an die
Prämissen geknüpft, die der Kapitalismus so vorgibt. Kostendeckung,
Nutzer, Dienstleistung, Service.. ich möcht  gar keine Stellung
beziehen, sondern nur darauf hinweisen, das viele Menschen im Freifunk
eben diese Prämissen auch in Frage stellen und so absurd es klingen
mag oder eben auch real momentan ist, ist es doch auch für mich ein
Teil von Freifunk über den Tellerrand zu denken und einfach mal die
für einen rationalen Kapitalisten absurde Parallelwelt versuchen
aufzubauen oder sich wenigstens die Freheit vorzubehalten sie zu
denken.

> Ja ja, in einer perfekten Welt mag das für alle kostenlos und toll sein.

Mal angenommen, man belächelt das nicht sondern sondern möchte dahin
arbeiten, dann ist es doch schon eine andere Perspektive?

> Aber bitte hier gehts um Netze und wie geschrieben nicht um Politik.

Du hast ganz schön viel Politik in deinem Post, ob bewusst oder
unbewusst. Zu sagen, dass es keine Politik ist oder auch ideologiefrei
ist halt die aktuelle Ideologie. Das heißt nicht, dass du im Unrecht
bist in der Praxis, aber so eine Argumentation ist wie Scheuklappen
und Freifunk ist groß genug um die auch mal ablegen zu können, wie
absurd es für dich auch immer wirken mag. Wenn man eine Form des
Dialoges und der Kommunikation findet ist es für alle wohl etwas
gutes.

> Wenn
> man das mal wirklich überdenkt lohnen sich Freifunk und andere freie Netze
> gar nicht. Wir können weder mit der Geschwindigkeit konkurrieren noch die
> Userzahl verkraften welche die kommerziellen Netze schaffen.

Bäm, Bäm. Warum muss sich das denn wie auch immer "lohnen", warum
sehen wir uns einer Konkurrenz zu kommerziellen Netzen? Lohnt es sich
nicht für das Individium die Gedenken mal spulen zu lassen und und den
Austausch zu suchen? Natürlich gibt es die Realität 2016, abe warum
muss man sich da so dranpappen und andere Ideen bekämpfen? Warum
müssen oder wollen wir überhaupt in eine vermeintliche Konkurrenz zu
irgendwas treten? Ich glaube sowas ist in Genossenschaften oder auch
GmbHs besser aufgehoben, in dieser Form kann man all diese Probleme
lösen ohne Diskussionen und eben Konkurrenz sein zu den anderen.
Vermutlich sogar eine bessere Konkurrenz die auch irgendwie besser
ist, aber warum muss sich Freifunk als Idee den Schuh anziehen?

>> Menschen machen Freifunk aus Hobby und Freizeitgestaltung, andere lernen
> dadurch überhaupt etwas über Netze. Und aus diesem Grunde mag ich es nicht
> wenn einer wie Willi daherkommt und meint die Freifunker machen alles
> falsch, oder meint sie Missionieren zu müssen.

Dann diskutiert man eben. Vielleicht macht man was falsch und
vielleicht bringt die Diskussion was sinnvoles hervor. Letzlich
missioniert du hier auch, halt für den Status Quo - ist doch schön,
wenn jemand mal unbequem ist.

Freifunk sollte der Spielplatz für Utopien und Ideen bleiben, der er
IMHO ist. Wenn man Internet und ISP machen will, dann gründet ne GbR
oder GmBH sagt inspired by Freifunk und habt Spass. Niemand - also ich
zumindest nicht - hat ein Problem damit dass sich Leute
professionalieren, dann ist alles was du sagst auch richtig und so...
aber den Spielplatz schließen, weil man jetzt da seine GmbH machen
will und überhaupt die anderen die Realität nicht so wahrnehmen und
blöd sind ist IMHO die falsche Lösung.


Ich hoffe du verstehst was ich meine, das ist nicht als Angriff
gemeint sondern ich glaube das da wirklich Welten kollidieren und es
keinen Dialog darüber gibt - deswegen gibt's so viel Ärger und Hass.
Ich möchte auch gerne, dass das Netz 24/7 sauber läuft, die Technik
rennt und man Telekom und Co. den Rang abtreten kann und die Leute
happy sind. Aber da begibt man sich halt in eine Situation in der man
als freiwilliges Non-Profit nur verlieren kann, wenn man es ernst
meint. Das führt dann dazu, das Leute die wilde Ideen haben
ausgegrenzt werden, weil sie der vermeintlichen kapitalistischen
Realität entgegentreten mit ihren Ideen. Irgendwie müsst es da eine
Lösung geben und meine Meinung ist, dass ein dezentral professioneller
abgespalteter "Freifunk" mit GbR und Rechnungen für Betreiber und
Kosten durchaus was gutes wäre, weil dann die Freiwilligen nicht
ausgenutzt würden, andererseits wäre man halt ein weiterer
Dienstleister am Markt mit direkter Konkurrenz zur Telekom oder wem
auch immer - eine FIrma.

Diese zunehmende Vermischung dieser zwei Denken macht Freifunk grad
ziemlich kaputt, ich hätt nix gegen eine professionelle non-profit GbR
wo Leute auch gut dafür bezahlt werden, dass sie sich die Arbeit
machen, aber ich möchte auch den anarchischen utopischen Ideengarten
nicht missen der so im Freifunk Umfeld umherschwebt wo Leute halt
weiter denken als Kapitalismus und 2016 und Marketing. Beides geht
immer schwerer zusammen unter dem Label Freifunk.

Grüße
Martin


>
> Am 21.07.2016 um 03:09 schrieb Webmaster Familienverwaltung.de:
>>
>> Hallo Yanosz,
>>
>> eigentlich hatte ich die Eindruck, daß Freifunk so eine Art
>> FidoNet-Revival mit höherem technischen und sozialem Anspruch sei, ohne
>> die damalige Hierarchie-Diskussion und mit Zugang zum restlichen Internet.
>>
>> Vllt. hilft Dir das zum Thema Dezentralität.
>
>
>
> --
> Mit freundlichen Grüßen
> Marc-Andre Alpers
>
> Wenn Du meinst, Privatsphäre ist egal, nur weil Du nichts zu verbergen hast,
> kannst Du genauso behaupten, Redefreiheit ist egal, nur weil Du nichts zu
> Sagen hast! - Edward Snowden
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