[WLANtalk] Aus dem Scheitern lernen - war: "eine neue Lizenz für Open-Source Saatgut"
willi uebelherr
willi.uebelherr at gmx.de
Sa Apr 29 17:49:56 CEST 2017
On 29/4/2017 07:19, Dr. Michael Stehmann wrote:
> Hallo,
>
> geht's noch?
>
> Weil ich die Ansicht vertrete, dass die nachhaltige Durchsetzung von
> Anliegen und Ideen in einer Demokratie die Überzeugung breiter
> Mehrheiten erfordert, bin ich für "Gleichschaltung" und "Monotonie"?
>
> Weil ich für Realismus, pragmatisches Denken, Respekt und Toleranz bin,
> bin ich ein Faschist?
>
> Weil ich nicht Deiner Ansicht bin, fehlt es mir an "eigener
> Urteilsfähigkeit"?
>
> Gruß
> Michael
>
Lieber Michael,
ich bitte dich um entschuldigung, wenn ich dich als "Faschist" erklaert
habe. Was ich nicht tat, von meiner seite, und auch nie tun werde.
Auch "... dass die nachhaltige Durchsetzung von Anliegen und Ideen in
einer Demokratie die Überzeugung breiter Mehrheiten erfordert ..."
stimme ich dir voll zu. Es ist auch meine ueberzeugung.
Wenn du schreibst:
"einer der Gründe für das hoffentlich vorläufige Scheitern der Piraten
in Deutschland sehe ich darin, dass sich der im Aufwind befunden
habenden Partei viele Menschen mit einer eigenen "Agenda" anschlossen
haben und durch hitzige - teilweise recht unfair - geführte Diskussionen
versucht haben, diese in der Partei durchzusetzen."
Das ist doch der normalfall. Wir organisieren uns immer deswegen, weil
wir bestimmte anliegen haben und sie zur geltung bringen wollen. Sowohl
theoretisch wie praktisch. Dass daran die Piratenpartei gescheitert sein
soll? Die alternative waere dann die gleichschaltung, oder? Einzelne
dominieren die positionen und erklaerungen und das tun. So wie es in den
anderen parteien hinter verschlossenen tueren stattfindet.
Im unterschied dazu werden die debatten bei den Piraten offen
ausgetragen. Vielleicht ist ja das schon eine ueberforderung, wenn die
menschen darauf trainiert sind, dass immer alle einer gruppe im
gleichschritt marschieren.
FreiFunk ist ja dafuer ein anderes beispiel, wo die vielfalt gelebt
wird. Da gibt es eben nicht die "zentralinstanz". Und schon sind
ueberall stimmen zu hoeren und zu lessen, das ist ja ein grosses
durcheinander.
Mag ja sein, dass so das durcheinander, das immer existiert, sichtbar
wird. Ein grauen fuer die etablierten parteien, verbaende und sonstiges.
Die konsequenz auch deiner betrachtung ist doch, dass unterschiede
existieren und sichtbar werden. Eine der wichtigsten grundlagen fuer
lernprozesse.
Aber nun zu "faschisieren". Das wurde ja von mehreren heftig
aufgegriffen. Faschismus ist ja zunaechst nichts anderes als "buendeln
und ausgrenzen". In welcher form das nun stattfindet, ist offen.
Ich habe dieses prinzip auf deinen titel mit "Scheitern" bezogen, weil
fuer dich die Piraten zu sehr suchend auf ihrem weg sind. Also nicht im
gleichschritt, nicht gleichgeschaltet, nicht folgende einer zentralen
linie. Gewissermassen die vielfalt in der vielfalt.
Und ich habe auch darauf, zumindest indirekt, hingewiesen, wie wichtig
der offene umgang mit dem suchen ist. Die vielfalt der positionen und
einschaetzungen erzwingt eine stetige debatte darum. So entsteht eine
sich stetig erfrischende atmosphaere.
Ich weiss, dass das als problematisch empfunden wird und die
"organisation", das symbol fuer bestimmte anliegen, negativ bestimmt
wird. Was ja voellig unseren alltagserfahrungen widerspricht.
Aber auf dem parkett "anerkannter" organisationsmuster werden
gleichfoermige ausdrucksformen geschaetzt, um sie gewissermassen wie
eine einzelne person handhaben zu koennen. Fuer dich als geschulter
Anwalt ist das ja mit der "juristischen person" sehr vertraut.
mit lieben gruessen, willi
Asuncion, Paraguay
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