[WLANtalk] Bzgl. Gemeinnützigkeit von Vereinen

Christoph Franzen freifunk at alte-pflasterei.de
Mo Apr 11 15:21:10 CEST 2016


Am Mon, 11 Apr 2016 10:41:40 +0200 schrieb Andreas Bräu <ab at andi95.de>:

Hallo,

> ich hab das mal in die Themenliste fürs WCW aufgenommen:

da mir inzwischen konkreteres zum Thema eingefallen ist, ich es aber
kaum zum WCW schaffen werde und eine weitere Diskussion keine
Neuigkeit mehr ist, leite ich das mal Richtung Wlantalk um (schlage
also vor, bevorzugt dort zu antworten) und kommentiere mal ein paar
Sachen:

> >> es kommt doch sehr auf die geplanten und tatsächlichen Aktivitäten
> >> des Vereins an … im Fall Gera ist es ganz klar, dass Infrastruktur
> >> errichtet werden soll. 

Eine Satzung habe ich dort gar nicht gefunden, aber der Web-Auftritt
hat in der Tat ganz klar diesen Schwerpunkt. In meiner letzten Nachricht
war ich da nicht drauf eingegangen: die Satzung darf auch für
Außenstehende nicht scheinbar mit dem öffentlichen Auftreten im
Widerspruch stehen.

> >> http://www.vereinsbesteuerung.info/internetverein.htm

Ungüstig für uns ist, daß in der aktuell geltenden Vorschrift lapidar
drinsteht, der Netzausbau sei nicht förderungswürdig. Wie man damals
darauf gekommen ist, steht nur in der aufgehobenen Vorschrift, das ist
aber dennoch interessant, es bietet einen Anhaltspunkt zu unseren
Gunsten. Zwischen den damaligen „Internetvereinen“ und den meisten
Freifunk-Vereinen besteht ein qualitativer Unterschied und das ist der
Aspekt der „Selbstlosigkeit“.

Ein Kernpunkt der Finanzverwaltungsargumentation war, daß jene Vereine
entweder eigene Einnahmen aus Internetzugängen erzielen oder aber ihren
Mitgliedern kostengünstigen Zugang verschaffen wollten, was ein
wirtschaftliches Eigeninteresse wäre.

Genau das unterscheidet die meisten heutigen Freifunk-Vereine zum
Beispiel vom IN-Berlin: die Mitglieder wollen in aller Regel nicht für
sich selbst einen kostengünstigen Mesh-Zugang an Stelle eines
kommerziellen Anschlusses (im IN-Berlin-Fall heutzutage eher
„besseres“ aber nicht „billigeres“ Internet), sondern sie selbst sind
es, die ihre vorhandenen Netzzugänge bei kommerziellen Betreibern
anderen Menschen ohne Kostenbeteiligung zur Mitnutzung überlassen; die
Vereine „verdienen“ auch nicht durch Zugangs-Gebühren, sondern stellen
ihre Infrastruktur auch Nicht-Mitgliedern kostenfrei zur Verfügung.

> >> 2) Es ist keinesfalls zulässig alle Freifunk-Vereine über einen
> >> Kamm zu scheren. 

Genau das scheint gerade zu passieren, somit hängt das Kind womöglich
schon über der Brunnenkante:

> Folgendes hat uns das Finanzamt mitgeteilt.
> 
> "Laut Satzung fördert der Verein die Bildung hinsichtlich der
> Medienkompetenz (kabelloser und kabel-gebundener Computernetzwerke).
> Zur Zeit erfolgt eine bundeseinheitliche Abstimmung zur Einstufung von
> sogenannten Freifunk-Vereinen. Ziel derartiger Vereine ist es, ein
> kostenloses freies Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, zu unterhalten
> und zu erweitern."

Es sieht für mich so aus, daß die im ersten Anlauf nur die Satzung
gelesen und für gut befunden hatten und beim eigentlichen Antrag nun
auch andere Informationsquellen (Web-Auftritt) herangezogen haben.

> >> Ich bitte Euch DRINGEND DAVON ABZUSEHEN hier aktiv zu
> >> werden und eine Regelung herbei führen zu wollen!

Einzeln und unabgestimmt auf gar keinen Fall, da stimme ich zu.

> >> Falls es zu einer wie auch immer gearteten bundeseinheitlichen
> >> Aussage kommen sollte, ist dies dann der Zeitpunkt sich damit
> >> auseinander zu setzen.

Das sehe ich anders: wenn die jetzt ganz ohne uns im stillen Kämmerlein
verwaltungsintern weiterdiskutieren, befürchte ich folgenden Ausgang:

1) Laut AEAO ist Netzausbau nicht gemeinnützig (der Hintergrund der
Entstehung dieser Auffassung interessiert nicht mehr).
2) Freifunk-Vereine verfolgen in der Praxis als Primärzweck den
Netzausbau (Beweis: Web-Auftritte *.freifunk-$BLA.*).
=> Freifunk-Vereine sind nicht gemeinnützig.

Die Finanzverwaltung soll Staatseinnahmen generieren, die sind also
eher restriktiv, was Ausnahmen von der Steuerpflicht angeht und nicht
großzügig.

Meiner Ansicht nach wäre es von Vorteil, eine Argumentations-Strategie
zu erarbeiten und diese über die Vereine, die das Problem aktuell haben
(also mindestens Gera) bereits vor der Entscheidung einzubringen; man
kann sich ja auf den konkreten Fall beziehen und sollte nicht aktiv
darauf hinarbeiten, eine einheitliche Behandlung herbeizuführen, im
Gegenteil, man kann durchaus rüberbringen, daß man nicht alles, wo
„Freifunk“ dransteht, in einen Topf werfen dürfe.

Die Selbstlosigkeit kann man der Freifunk-Bewegung nun wirklich nicht
absprechen und daß der Netzausbau eben nicht überall deutlich im
Vordergrund steht, sieht man an den zahlreichen internen Diskussionen
des Typs „Freifunk ist kein kostenloser Internet-Hotspot“, wovon die
Finanzämter freilich nichts mitbekommen dürften.

Im Gera-Greiz-Fall ist der Netzausbau offenbar um die Badeanstalt herum
entstanden, es ist also auch dort gerade nicht so, daß primär die
Vereinsmitglieder oder der Verein als ganzer einen Vorteil für sich
selbst anstreben: es profitiert vor allem die Allgemeinheit.

> >>  Das wird u.U. eben nix für Jura-Praktikanten.

Mag sein, heißt aber nicht, daß wir es aufschieben und auf uns zukommen
lassen sollten.

In diesem Sinne halte ich es für sinnvoll, die ganzen
Freifunk-Web-Seiten mal kräftig um den „ideellen Aspekt“ zu erweitern.
Im Augenblick macht man hauptsächlich Werbung mit dem, was den
Durchschnittsmenschen vor allem interessiert und was den schnellen
Ausbau voranbringt.

Viele Grüße, Christoph
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt...
Dateiname   : nicht verfügbar
Dateityp    : application/pgp-signature
Dateigröße  : 819 bytes
Beschreibung: Digitale Signatur von OpenPGP
URL         : <http://lists.freifunk.net/pipermail/wlantalk-freifunk.net/attachments/20160411/b4727d75/attachment.sig>


Mehr Informationen über die Mailingliste WLANtalk