[WLANtalk] Die kommunale Verwaltung ... möchte lieber $IBM einkaufen :(

Kai 'wusel' Siering wusel at guetersloh.freifunk.net
Sa Apr 18 01:29:12 CEST 2015


Moin,

unsere kommunale Verwaltung hat sich nach Initiativen aus der Lokalpolitik nun positioniert[1] -- wie leider zu erwarten, gegen Freifunk.

Man bevorzugt in der Stellungnahme für die Sitzung nächsten Freitag das vom kommunalen IT-Dienstleister vertriebene Produkt eines Anbieters aus Innsbruck[2], der gegen Einwurf kleiner Münzen auch die Störerhaftungsproblematik der Kommune abnimmt. (Gütersloh ist damit nicht alleine, auch andere Städte im Kreis liebäugeln wohl mit der "weniger als 3 EUR pro 1000 m²"-Lösung aus Österreich.)

Kritikpunkte an Freifunk (Gütersloh):

 a) "Nach Information der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) ist die Befugnis einer Stadt zur Betätigung auf dem Gebiet des Freifunks rechtlich vor dem Hintergrund des § 107 GO NRW (wirtschaftliche Betätigung) fraglich."
 b) Störerhaftung: "Wer einen WLAN-Hotspot betreibt und anderen bewusst oder unbewusst zur Verfügung stellt, kann mit in die Haftung genommen werden, wenn über den Anschluss eine Rechtsverletzung stattfindet."
 c) Jugendschutz: es wird aus "§ 5 JMStV (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag)" hergeleitet, daß gefiltert werden müsse: Da "[Minderjährige] jedoch heute schon in großer Anzahl mit entsprechenden internetfähigen Geräten ausgestattet ist, muss sichergestellt werden, dass entsprechende Angebote in einem frei zugänglichen Wlan inhaltsgefiltert werden. Dies ist bei Freifunk nicht der Fall."
 d) Der unsägliche Gesetzentwurf zum TMG: "Die durch die Bürgerinitiative Freifunk Gütersloh gegebene Betriebsweise wäre bei gesetzlicher Umsetzung des Referentenentwurfes nicht zulässig."
 e) "Empfehlungen des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB NRW) und der KGSt:  Der Arbeitskreis IT des StGB NRW empfiehlt dringend die Verwendung einer rechtssicheren Lösung, bei der sich die Benutzer registrieren bzw. anmelden müssen, um den heutigen und erwarteten künftigen gesetzlichen Anforderungen zu genügen.
Die KGSt spricht auf dem Fachforum am 24.03.2015 in Dortmund die dringende Empfehlung an die Kommunen aus, aus rechtlichen Gründen keine Bestrebungen in Richtung des Freifunks zu verfolgen. Es wird angeraten, sich des Marktes zu bedienen, dort gäbe es Anbieter rechtssicherer und praxiserprobter Lösungen."

Immerhin, man hat sich Mühe gegeben, Argumente zu finden ;)

Hintergrund: wir sind in GT kein Verein, insofern ist der Ablauf normalerweise der, daß jemand einen Knoten kauft und, ggf. mit Hilfestellung von uns, aufstellt. Das wäre soweit auch das Konzept mit der Stadt Gütersloh gewesen: sie nehmen etwas Geld in die Hand und in Absprache mit uns organisiert die Stadt die Beschaffung und Montage passender Geräte, um die rd. 44.000 qm, die man gerne ausleuchten möchte, auszuleuchten. In dem Kontext stellt sich dann wieder die Frage, wer einen Gluon-Hotspot betreibt -- der, dem er gehört, der, dessen Strom ihn betreibt oder der, der die Netzinfrastruktur gen Internet stellt.
Aus b) ergibt sich, daß die Stadt sich hier als Betreiber sieht -- als Worst-case-Annahme nachvollziehbar, fragt sich also, kann man das relativ glaubhaft widerlegen?

a) spielt bei b) mit rein; könnten wir sagen "gebt uns das Geld, wir als $Rechtsform machen das", wären beide Punkte vom Tisch :(

c) ist leider ein Totschlagsargument; können (und wollen) wir nicht entkräften, da muß die Politik im Zweifel durch, IMHO. Anekdote am Rande: das von der Verwaltung favorisierte System setzt auf eMail- oder SMS-Zustellung für den Zugangskey plus Haken an die Akzeptanz der AGBs[3]. Keine Altersverifikation, da "Jugendschutzfilter" ...
Aber ist denn eine soche Herleitung aus § 5 JMStV tatsächlich zu machen, oder ist es nur vorauseilender Gehorsam (und damit ein Pseudo-Argument, was man kontern kann)?
Ich würde ja gerne mal die auf meinen Namen laufenden SIMs meine Kinder oder auch den freien WLAN-Zugang in der 1. Klasse im ICE auf jugendgeschütztheit testen -- welche URLs sollten denn da gesperrt sein, ist youporn hinreichend?

d) ist 'ne Nebelkerze, das Modell des österreichischen Anbieters ist auch nicht Gabriel-konform ... wie ja Gabriels Plan die Abschaffung jeglichen nutzbaren WLANs zu sein scheint.

Kann wer was zu e) sagen? Z. T. ja NRW-spezifisch, aber naja, ist ja auch kein ganz kleines Bundesland, sprich sofern es diese Aussagen so gibt, wäre es durchaus lohnenswert, sie widerlegen/durch Fakten ad absurdum führen zu können.

MfG,
-kai

P.S.: Wenn mit jemand fix eine Scribus-Vorlage nach Vorbild [2] bauen könnte, bitte ich um ein "ping" ;)
P.P.S.: Hat jemand so ein "free-key"-Setup in der Nähe und könnte mir mal ein paar Fragen beantworten (u. a.: geht das tatsächlich über Österreich oder loggen sie nur dorthin)?


[1] https://ratsinfo.guetersloh.de/sdnetrim/Lh0LgvGcu9To9Sm0Nl.HayIYu8Tq8Sj1Kg1HauCWqBZo5Ol0MjyIfuCWsFSq4Rj3Qe.Oa1CXuCWn4Oi0Lg-IbvDauHTp8To1Ok0HbwHau8Vt6Pi7Kj2GJ/Antrag_CDU-Fraktion_48-2015_1.--Erg..pdf
[2] https://ratsinfo.harsewinkel.de/sdnetrim/Lh0LgvGcu9To9Sm0Nl.HayEYv8Tq8Sj1Kg1HauCWqBZo5Ok9LkyIguDWtAWv4Qm0LezKeyDWq8Sn6Rk1Lf0KjvFavETqASj1Mj0KaxJYr8Zm9UGJ/150121_regio_iT_Produktbroschuere.pdf
[3] http://www.free-key.eu/interninclude/DE-beschreibung-free-key-user.pdf

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