[WLANnews] Fwd: Störerhaftung: EuGH-Generalanwalt macht Hoffnung

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Do Mär 17 00:44:38 CET 2016


zur Information

-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: 	Störerhaftung: EuGH-Generalanwalt macht Hoffnung
Datum: 	Wed, 16 Mar 2016 20:32:37 +0000
Von: 	Tomas Rudl <>

Störerhaftung: EuGH-Generalanwalt macht Hoffnung
Offene WLANs sucht man in Deutschlands Kaffeehäusern oft vergeblich, der
Störerhaftung sei Dank. CC BY-NC 2.0, via flickr/People's Cafe
<https://cdn.netzpolitik.org/wp-upload/Kaffeehaus_WLAN.jpg>

Offene WLANs sucht man in Deutschlands Kaffeehäusern oft vergeblich, der
Störerhaftung sei Dank. CC BY-NC 2.0
<https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/>, via flickr/People’s
Cafe <https://www.flickr.com/photos/bendjsf/8691044089/>

Anbieter offener WLANs in Cafés oder Geschäften können nicht für
Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer zur Rechenschaft gezogen werden,
erklärte heute der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH),
Maciej Szpunar, in einem Verfahren zur deutschen Störerhaftung
<http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=175130&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=475094>. 

Zwar könne ein Gericht den Betreiber dazu verpflichten, diese
Rechtsverletzung zu beenden oder zu verhindern, schreibt Szpunar (PDF)
<http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-03/cp160028de.pdf>. 

Allerdings sei es nicht zumutbar, solche WLANs mit Passwörtern zu
versehen, die Kommunikation zu überwachen oder gar den Internetanschluss
stillzulegen.

Sollte der EuGH in seinem Urteil der Argumentation des Generalanwaltes
folgen, was meist der Fall ist, dann würde das einen herben Rückschlag
für die deutsche Bundesregierung bedeuten, deren geplante Reform des
Telemediengesetzes
<https://netzpolitik.org/2015/netzrueckblick-die-stoererhaftung-eine-einfuehrung/> 

bislang unglücklich verlaufen und von Seiten der Netzgemeinde
<https://netzpolitik.org/2014/stoererhaftung-linke-und-gruene-bringen-gesetzesentwurf-der-digitalen-gesellschaft-im-bundestag-ein/>, 

der EU-Kommission
<https://netzpolitik.org/2015/eu-kommission-kritisiert-gesetz-entwurf-zur-verschlimmbesserung-der-stoererhaftung/https://netzpolitik.org/2015/eu-kommission-kritisiert-gesetz-entwurf-zur-verschlimmbesserung-der-stoererhaftung/> 

sowie von Sachverständigen
<https://netzpolitik.org/2015/stoererhaftung-sachverstaendige-verreissen-gesetzentwurf/> 

stark unter Beschuss gekommen ist. Freuen könnten sich hingegen
potenzielle Betreiber offener Netze auf der einen und Nutzer auf der
anderen Seite, die offene WLANs in Deutschland derzeit mit der Lupe
suchen müssen.


       „Vermittler“ von Haftung ausgenommen

Hintergrund ist der Fall des Freifunkers und Piraten Tobias McFadden,
über dessen offenes WLAN ein Unbekannter eine Musikdatei illegal
heruntergeladen haben soll. Der Rechteinhaber Sony Music hatte daraufhin
800 Euro von McFadden gefordert, wogegen dieser Klage eingelegt hat. Das
zuständige Landgericht München wandte sich schließlich vergangenen
Dezember an den EuGH, um die Vereinbarkeit mit europäischem Recht zu
klären.

In seinem Schlussantrag stellte Szpunar nun klar, dass die durch die
E-Commerce-Richtlinie garantierte Haftungsfreiheit auch für Anbieter wie
McFadden gilt, der sein offenes WLAN nur nebenbei und nicht als
wirtschaftliche Haupttätigkeit betrieben hat. Als „Vermittler“ und
„Anbieter von Diensten der reinen Durchleitung“ sei er von
Schadenersatzforderungen, Abmahn- und Gerichtskosten ausgenommen.

Und selbst wenn ein Gericht anordnen sollte, solche Rechtsverletzungen
zu unterbinden, müsste dabei sichergestellt sein, dass die Maßnahmen
„wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ gestaltet sind, sich gegen
eine konkrete Rechtsverletzung richten und den Betreibern keine
„allgemeine Überwachungspflicht“ auferlegen. Zudem müsse ein
angemessenes Gleichgewicht zwischen „der Freiheit der Meinungsäußerung
und der Informationsfreiheit sowie der unternehmerischen Freiheit
einerseits und des Rechts des geistigen Eigentums andererseits“ gewahrt
bleiben.


       Filtern nein, sperren ja?

Wie solche gerichtlichen Sperranordnungen umgesetzt werden könnten
bleibt jedoch unklar. In Frage kämen etwa DNS-Sperren, die aber leicht
zu „Overblocking“ führen, leicht zu umgehen und „am Ende natürlich ein
technischer Witz“ sind, wie es der Jurist und Rechtsanwalt Ansgar Koreng
ausdrückte
<https://netzpolitik.org/2015/interview-was-bedeutet-das-netzsperren-urteil/>. 

Auch der Richter und netzpolitik.org-Autor Ulf Buermeyer wollte sich
noch nicht zu früh freuen. Zwar würde der Schlussantrag weitgehend
positiv für WLAN-Betreiber klingen, aber „zugleich eine gefährliche
Hintertür für gerichtliche Sperr-Anordnungen“ offenlassen. „Das ist ein
Votum nach dem Motto: ‚Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass'“,
so Buermeyer. „Ich würde daher keinen Cent darauf wetten, wie der EuGH
entscheidet, einfach weil die Schlussanträge in sich völlig
widersprüchlich sind“. Etwas optimistischer gab sich Volker Tripp,
Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft, in einem Blog-Eintrag
<https://digitalegesellschaft.de/2016/03/wlan-generalanwalt-groko/>:
„Wir hoffen daher, dass der Europäische Gerichtshof nun für
Rechtssicherheit beim Betrieb offener WLANs sorgen wird. Die Hürden für
eine flächendeckende Bereitstellung drahtloser Netzzugänge müssen
endlich fallen“.


*10 Gründe, um genau jetzt einen Dauerauftrag für netzpolitik.org
einzurichten.
<https://netzpolitik.org/2014/10-gruende-um-genau-jetzt-einen-dauerauftrag-fuer-netzpolitik-org-einzurichten/>*





Mehr Informationen über die Mailingliste WLANnews