Die Knotenaufsteller

ffarno ffarno at gmx.de
Di Aug 7 13:34:13 CEST 2018


... auch von mir einen herzlichen Dank für deine Hilfe zum
Perspektivwechsel in alle Richtungen ;-)

Sonnige Grüße Arno

Am 06.08.2018 um 20:55 schrieb fff at mm.franken.de:
> Lieber Freifunker,
> 
> ich übernehme hier mal die Rolle des "Knotenaufstellers" - Tim, Du
> weisst ja, dass ich mich durchaus auch in anderen Sphären bewege ;-) -
> und stelle mich (i.S.v.  Storytelling) in dieser Rolle mal vor.
> Vielleicht erkennt sich der eine oder andere ja darin wieder, oder
> erkennt Zusammenhänge, die vorher vielleicht nicht so klar waren.
> 
> - - - -
> 
> Als Knotenaufsteller bin ich Teil der wichtigsten Truppe von FF :-)
> Ich mache den Vertrieb. Ich bin der Schlüssel zum Kunden.
> 
> Als Knotenaufsteller habe ich viele Aufgaben.
> Ich muss an Orten, wo viele potentielle Kunden sind, Menschen finden,
> die dort ein Fenster haben, wo sie einen Freifunkrouter aufstellen
> könnten. Dann muss ich herausfinden wie ich sie treffen und wie ich sie
> von der Idee überzeugen könnte. Nicht ganz einfach! Denn meistens haben
> sie Fragen oder gar Zweifel. Und dann muss ich erklären und begründen.
> Das ist der schwierigste Teil meiner Aufgabe.
> Hast Du schon mal jemandem erklärt, was "Freifunk" ist? wofür man das
> braucht? und wie es funktioniert? so, dass sie es auch /verstehen/?
> Schwiiierig...!
> Meistens muss man mehrmals hin, damit die Kunden verstehen, was sie bzw.
> wir davon haben.
> Und das ist erst der Anfang. Denn wenn er verstanden hat um was es geht,
> dann muss ich in seiner Wohnung oder seinem Laden Strippen ziehen, den
> Router flashen und anschliessen und testen. Und dann muss ich den Router
> im Betrieb überwachen und ggf. Störungen beheben.
> Nur ganz wenige Kunden sagen "aha, verstehe, mache ich selber".
> 
> Wobei "Kunde" hier nicht ganz stimmt...
> 
> Denn die echten Kunden nennen wir "Clients", also die Bürger, die
> Jugendlichen, die Armen, die Gäste, die Reisenden, die Geflüchteten.
> Also alle, die kein Internet haben (weil die Gegend noch nicht
> angeschlossen ist, die Provider nicht liefern können oder der Bagger die
> Leitung gekappt hat, die Bandbreite desolat ist, sie sich keinen Vertrag
> leisten können oder nicht dürfen, als Touristen keinen Zugang haben oder
> die Rooming-Gebühren nicht bezahlen können, oder weil von ihrer vom
> Taschengeld, Harz-4 oder der Sozialhilfe bezahlten Prepaidkarte schon
> Wochen vor Monatsende nichts mehr übrig ist).
> 
> Viele Freifunker sind selbst Clients, also ihre eigenen Kunden. Weil sie
> endlich frei surfen können wollen (ohne Einwahldaten abliefern zu
> müssen, ohne beschnüffelt zu werden, ohne Content-Beschränkung, ohne
> Zeitlimit, ohne Werbung oder gar "personalisierte" Werbung).
> Und viele Freifunker finden das so gut, dass sie das ganze System gern
> verbreiten wollen, damit /alle/ in den Genuss dieser Freiheit kommen -
> sozusagen als politische Mission.
> 
> Wobei: auch der Client ist nicht nur "Kunde" - er ist auch immer
> gleichzeitig potentieller Projektmitarbeiter! Idealerweise entwickelt er
> sowas wie "Dankbarkeit" und übernimmt - wie wir - soziale Verantwortung,
> hat Zivilcourage und politisches Engagement. Er hilft mit, indem er
> selber einen Router in sein Fenster stellt und wird damit "einer von
> uns". Ein weiterer Knotenaufsteller ist gefunden...
> Damit schliesst sich der Kreis - ein geniales Schneeballsystem :-)
> 
> Du siehst: ohne Knotenaufsteller ist FF nichts :-)
> 
> Wobei: auch das stimmt so nicht ganz...
> 
> Im Hintergrund gibt es noch die, die die Firmware für die Router
> schreiben. Das ist ein höchst komplexe Aufgabe, und dafür braucht man
> hervorragende Spezialisten! Sie haben sich das ganze System ausgedacht
> und sorgen dafür, dass die Router das können und machen, was wir
> brauchen. Und dazu gehört noch viel mehr, als nur Firmware zu schreiben.
> Dahinter ist ein ausgeklügelt pfiffiges System, das dafür sorgt, dass
> nicht nur die Freifunker, sondern auch alle Clients frei surfen können.
> Und das Geniale: auch die Firmware ist frei und kann von jedem kostenlos
> benutzt und auch von Dritten weiterentwickelt werden. Damit verbreitet
> sich die Idee der Freiheit über unser Projekt hinaus und wir werden Teil
> einer noch viel grösseren und weltweiten Freiheits-Bewegung.
> 
> Wobei: auch das können sie nicht alles alleine...
> 
> Dahinter stehen Systeme die sie nutzen, aber die sie nicht selbst
> gemacht haben. "VPN" zum Beispiel, das uns eine Basis-Funktion für
> unsere Freiheit zur Verfügung stellt.
> 
> Coole Typen, diese Firmware-Programmierer! und nett und immer
> hilfsbereit! Und immer wieder bemüht, ihre komplexen Dinge in
> verständliche Alltagssprache zu übersetzen und zu erklären. Sie haben
> ein eigenes Wiki, in dem sie alles für uns Knotenaufsteller Wichtige zum
> Verstehen und immer wieder Nachlesen aufschreiben.
> 
> Und dann gibt es noch die Richtfunker :-)
> 
> Die braucht man, wenn man keinen eigenen Internetanschluss hat, aber
> eine Sichtverbindung zu einem Freifunker, der einen Internetanschluss
> hat. Dann bauen die einfach eine Verbindung :-)
> Oder sie erklären einem, wie das geht und helfen dabei.
> Und weil ihnen das so viel Spass macht, bauen sie in ihrer Freizeit
> einfach schon mal Richtfunkverbindungen auf Vorrat und testen, wie weit
> sie damit kommen. Und sie kommen sehr weit! Vor allem, wenn es ihnen
> gelingt, auf hohe Gebäude zu kommen. Von Kirchturm zu Kirchturm sind da
> schon mal mehrere Dutzend Kilometer möglich. Und am anderen Ende holen
> sie sich das Internet von N-IX - kennst Du nicht? Ok, das würde jetzt zu
> weit führen - vielleicht ein andermal.
> 
> Und dann gibt es noch die Netzwerker...
> 
> Nein, nicht die Netzwerkspezialisten, sondern z.B. die Ministranten und
> die Mitglieder evangelischer Jugendgruppen, die den Pfarrer kennen und
> den Kirchenvorstand, und diese beschwatzen, bis wir auf den Kirchturm
> dürfen, wo dann die Richtfunker - aber das weisst Du ja schon ;-)
> 
> Ok - das ist jetzt eine lange Geschichte geworden.
> Aber das Beste kommt noch:
> 
> Alle zusammen bilden ein grosses soziales Netz.
> 
> Jeder hat darin seine Aufgabe und erfüllt diese nach bestem Wissen und
> Gewissen - und manche übernehmen auch zwei oder mehr Aufgaben.
> Alle tragen zum Grossen Ganzen bei: die Ministranten, die Richtfunker,
> die Programmierer und noch einige mehr sorgen dafür, dass wir
> Knotenaufsteller einen guten Job machen können, damit viele Clients
> Freifunk nutzen und so zum Wachstum der tollen Idee beitragen :-)
> 
> In diesem Sinne herzliches Dankeschön an alle!
> Euer Knotenaufsteller Markus
> 



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