[Freifunk Franken] Hotspot oder Freifunk?

Tim Niemeyer tim at tn-x.org
Sa Feb 27 15:53:31 CET 2016


Hallo Christian

Endlich habe ich geschafft auf deine sehr wichtige Mail zu antworten.

Am Dienstag, den 26.01.2016, 01:47 +0100 schrieb Christian Dresel:
> Thema 2:
> 
> Ich frag mich schon einige Zeit, machen wir eigentlich Freifunk oder
> betreiben wir eher Hotspots?
Viele verkaufen es leider immer wieder als Hotspot. Vermutlich wissen
viele Freifunker selbst nicht, dass es da eigentlich einen Unterschied
geben sollte. Vielleicht ist es auch nur einfacher zu erklären.
Oder es ist das was die Menschen da draußen hören wollen.

> Beispiel ich stell einen Router ins Restaurant und hänge den an den
> DSL Anschluss um den Gästen Internet zu bieten.
> 
> Freifunk? Wohl kaum für mich ein klarer Hotspot. Wann wäre es
> Freifunk? Vielleicht so:
> Auf den Tisch im Restaurant ist ein QR Code, wenn ich den einscanne
> erhalte ich eine URL die ich im Freifunknetz aufrufen kann und mir
> wird elektronisch die Speisekarte präsendiert. Ja weiter ich kann
> sogar eine Bestellung aufgeben... gut nebenbei gibts einen
> Internetzugang so das ich die Zeit, bis die Bestellung kommt, mir mit
> lesen der Freifunk Franken Mailingliste vertreiben kann.
> 
> Gut das war jetzt ein Traum, vielleicht utopisch aber zurück zum
> Thema, selbst wenn wir nen ganzen Strassenzug mit Bars/Restaurants mit
> "Hotspots" so ausfüllen das sie alle meshen (und vermutlich doch
> wieder jede Bar ihren DSL Anschluss hat). Am Ende sinds doch irgendwo
> wieder Hotspots oder? Es geht ja am Ende wieder nur darum, Internet zu
> haben.
> 
> Ich muss gestehen ich seh da keinen wirklichen Unterschied (bis auf
> das genannte Beispiel von oben). Wann ist es Freifunk, wann ist es ein
> Hotspot?
> 
> Machen wir das ganze nicht nur, um Internet zu bieten? Vermutlich hat
> jeder den Gedanken irgendwo im Hinterkopf, nur irgendwie hab ich das
> Gefühl will es niemand wahrhaben und man verdrängt es?

Für mich ist Freifunk in etwa der kleine Bruder vom Internet. Auch das
Internet ist ja dezentral organisiert und *hust* Zensur resistent und
*hust* sicher gegen staatlicher Eingriffe *hust* [zumindest global
betrachtet: sein kann]. Es besteht aus vielen kleinen Autonomen-Systemen
(Netzwerken). Um von einem ins andere zu gelangen benötigt man Peerings
zwischen den Netzen. Fehlen einem Peerings um ein fremdes Netz zu
erreichen, benötigt man Transit (durchleiten von Traffic durch das
eigene Netz). Die Peerings sind meist "umsonst" bzw kostenneutral. Die
Kosten für die Technik zum Übergabepunkt müssen von beiden Seiten
bezahlt werden. Manchmal sind die Netzwerke unterschiedlich groß, bzw
haben stark unterschiedliche Auslastungen und einer profitiert mehr als
der andere, dann wird verhandelt. Aktuell schön zwischen Hetzner und
Telekom zu beobachten [1].

Freifunk versucht jeden Teilnehmer selbst als Autonomes-System zu
betrachten. Das Peering (sowie der Transit) soll dabei umsonst sein. Da
wir billigste Technik einsetzen und alles ja möglichst für jeden
erschwinglich sein muss, gibt es natürlich auch nicht den Zwang ein
Netzwerk auszubessern, wenn es an einem Limit arbeitet. Logisch, dass
ein kommerzieller Provider mit so einem "Wackelnetz" kein
"kostenneutrales" Peering eingehen möchte. Daher hat sich Freifunk
vermutlich eher als parallel Netz entwickelt was über privat finanzierte
Transit Zukäufe mit verschiedenen Providern verbunden ist. Leider werden
wir dabei nicht als Autonomes-System (Netzwerk) anerkannt, sondern
schlicht als ein einzelner Enduser. Daher arbeiten wir mit einem
privaten Subnetz und die Gateways müssen NAT'en (wie bei jedem simplen
"DSL"-Router).

Mein persönlicher Wunsch wäre es, wenn wir das gesamte Freifunk-Franken
Netz von (außen betrachtet) als eine große Einheit betrachten könnten.
In dieser Form, als ein Autonomen-Systems, mit möglichst vielen
Peering-Punkten mit anderen Providern vernetzen. Innerhalb unseres
Netzes würde ich mir hingegen wünschen, dass jeder Teilnehmer sich
selbst die Peering-Punkte suchen kann und dort dann natürlich auch
freien Transit bekommt. So gehen ist Freifunk-Franken dann ein eigenes
Internet im Internet.

Noch besser wäre es, wenn die Teilnehmer am Freifunk Franken Netz selbst
anerkannte Autonome-Systeme wären. Allerdings würde uns die Netzgemeinde
für so einen Vorschlag vermutlich lynchen. ;-)


> Mich würde auch hier mal eure Meinung interessieren und ich hab mit
> Absicht jetzt erstmal die Flüchtlingsheime nicht angesprochen.

Mit anderen Worten: Ja, wir machen das alles nur um Internet zu machen.
Die Idee irgendwelche Netz-Internen Freifunk-Dienste anzubieten ist mMn
Käse. War es auch schon immer. Meiner Meinung war das auch nie die Idee
dahinter, das mit den Diensten war vermutlich mehr aus der Not heraus
geboren, weil ein paar private "Spinner" eben nicht am Internet
"mitspielen" durften.

Ich denke der wichtige Unterschied ist:

Hotspot: Es handelt sich um einen (kostenlosen) Internet-Zugangspunkt
für Einzelpersonen. Das selbe wie der DSL Anschluss zu Haus. Man kann
seine Lieblingsdatenschleuder oder die Lieblingsbilderseite betrachten.
Prima.

Freifunk: Die Menschen bauen zusammen ein Netzwerk auf. Sie betreiben
Peerings untereinander. Letztlich genau so wie das "große" Internet eben
auch, nur im kleinen mit weniger Verantwortung (Netz-Garantien) und
deutlich weniger Kosten (Transit). Natürlich ist das Ziel einer
Vernetzung auch immer, dass das Netz genutzt werden kann.

Von dieser Perspektive aus ist es mMn nach total gut, wenn Hotspots am
Freifunk Netz betrieben werden. Allerdings sollte _jeder_ so gut wie er
kann das Netzwerk mit ausbauen. D.h. der Gastrom steht mMn in der
Pflicht außen an sein Geschäft oder besser auf dem Dach ein paar
Antennen zu platzieren und damit ein Peer-Point bereit zu stellen. Dies
spätestens dann, wenn irgendjemand eben nicht mehr den reinen
Netzanschluss (Hotspot) sondern eben die Vernetzung (Peering/Freifunk)
nutzen möchte.

Tim

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