[WLANtalk] "eine neue Lizenz für Open-Source Saatgut"

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Fr Apr 28 18:30:09 CEST 2017


Lieber Michael,

"Kein Recht ist daher auch keine Alternative ..."? Das ist doch nich die 
perspektive in dieser debatte. Es geht eher um das recht fuer alle, das 
ausnahmlos gilt.

Jede Lizenz muss dies im ersten schritt aufloesen. Also das allgemeine 
recht brechen. Und erst danach koennen auf dieser privaten aneignung 
selektive nutzungsrechte vergeben werden. Deswegen ist jede lizenz, ganz 
egal, von wem sie ist und wie sie ist, ein rechtsbruch.

Allerdings der bruch eines rechts, das ausserhalb der reduktiven 
"Rechts"-instanzen existiert, weil es in der art "eingezaeunter 
Vorgaerten" existiert.

Aus den elitaeren strukturen ist diese rechskonstruktion entstanden. Und 
sie ruhte darauf, dass alle innerhalb dieses eingezaeunten areals sich 
daran halten muessen. Das wird dann mit der staatlichen gewalt 
durchgesetzt. Das ist Cicero und das roemische staatsrecht.

Du siehst, auf welch sandigem grund du eigentlich agierst.

mit lieben gruessen, willi


-------- Forwarded Message --------
Subject: Re: "eine neue Lizenz für Open-Source Saatgut"
Date: Fri, 28 Apr 2017 09:26:18 +0200
From: Dr. Michael Stehmann <anwalt at rechtsanwalt-stehmann.de>
To: fsfe-de at lists.fsfe.org

Am 27.04.2017 um 17:35 schrieb Wolfgang Romey:
> Hallo Willi,
>
> selbstverständlich hast Du mit der Position, daß es kein geistiges
> Eigentum gibt, recht. Daraus aber abzuleiten, daß die Aktivitäten der
> FSF(E) oder die Initiative für Open-Source-Saatgut falsch oder gar
> verbrecherisch seien, ist falsch. Denn obwohl es kein geistiges Eigentum
> gibt, kann man durch gesetzliche Regelungen erreichen, daß z.B. Software
> faktisch unfrei wird, weil bestimmte Dinge verboten und strafbewährt
> sind.

Gerade bei Software ist die Situation faktisch noch prekärer. Es gibt -
grob gesagt - bei Programmen, die kompiliert werden, zwei Formen:

- den Quellcode, der grundsätzlich menschenlesbar ist und Ideen, Wissen,
Gedanken etc. von Mensch zu Mensch transportieren kann

- und die Binärdatei, die maschinenlesbar ist und die ein Mensch
allenfalls mit großem Aufwand verstehen kann.

Will ich also mein Wissen verbergen, reicht es aus, dass ich meine
Software nur als Binärdateien verbreite oder zugänglich mache.

Dem wirkt das sogenannte Copyleft entgegen, welches zu seiner
Durchsetzung aber zwingend auf ein Urheberrecht oder Copyright-Recht
angewiesen ist. Ohne diesen rechtlichen Rahmen könnte jedes Studium und
jede Veränderung von Computerprogrammen in der Realität ziemlich wirksam
verhindert oder zumindest sehr erschwert werden.

Manche Menschen verkennen in grundlegender Weise, dass Recht sowohl für
die Engel, als auch für die Teufel und auch für alle anderen Menschen
dieser Welt passen muss. Recht, welches einen "besseren" Menschen
voraussetzt, muss zwangsläufig seine Aufgabe verfehlen. Kein Recht ist
daher auch keine Alternative, denn es setzt den ultimativ besseren,
"engelsgleichen" Menschen voraus oder gibt den Schutz des Schwächeren
gänzlich preis.

Gruß
Michael




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