[WLANtalk] Warum kein Freifunk Verein ...

Juergen Neumann j.neumann at junes.eu
Do Aug 13 16:02:01 CEST 2015


Hallo Liste, 

mich ereichte heute mal wieder eine Anfrage wegen Vereinsgründung. Gerne
möchte meine Antwort hier mit Euch Teilen und zur Diskussion stellen:

> [...)
> herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Wenn es möglich wäre, danke 
> ich Dir schon im Voraus für die Argumente, die gegen den Namen 
> "Freifunk" im Vereinsnamen sprechen. Auch für Erfahrungsberichte und 
> weiterführende Infos danke ich im Voraus.  
> [...]

Hallo ...,

mir fehlt leider ein wenig die Zeit um das jetzt lang und breit
darzulegen. Vieles davon ist auch in den vergangenen Jahren schon über
die Mailinglisten gegangen. Ich versuch's noch mal im Schnelldurchgang:

Vor allem ist der Verein nicht die Community: Freifunk, das sind die,
die bei sich einen Router aufstellen und im Mesh-Netz mitmachen. Jede_r
kann das machen, egal ob in einem Verein oder nicht. Das sollte nie an
irgendwelche weiteren Bedingungen geknüpft sein. Nennt sich jetzt aber
ein Verein XY Freifunk e.V., dann entsteht in der Öffentlichkeit
automatisch der Eindruck, dass die Entität des Vereins Freifunk sei, und
nicht etwa die Leute, die Freifunk machen. Das ist mit Abstand das
wichtigste Argument! 

Es bedeutet nämlich auch, wer für das, was im Freifunk geschieht, als
Verantwortlicher gesehen wird. Wenn Leute im Freifunk irgendeinen Mist
machen, dann sollten sie das stets selbst zu verantworten haben. Nur so
kann ein experimentier- und lernfreudiges Netzwerken entstehen. Sieht
sich hingegen der Verein in der Verantwortung für den Betrieb, so wird
er auch versuchen müssen sicherzustellen, dass das Netz nach seinen
Regeln funktioniert. Das ist dann aber nicht mehr dezentral und
lernfreudig experimentell, sondern zunehmend zentral und reglementiert. 

Die Personen, die den Verein betreiben erhalten dann auch im Bezug auf
den Betrieb der Infrastruktur insgesamt eine besondere Verantwortung und
Rolle. Damit einher geht automatisch auch eine Machtkonzentration, die
ein fortwährendes Ungleichgewicht zwischen Freifunkenden im Verein und
solchen, die nicht im Verein sind, zementiert.

Es ist deshalb angeraten, sich als Verein klar zu überlegen, welche
Aufgaben notgedrungen überhaupt eine juristische Entität benötigt. Das
sind natürlich Dinge wie:

- Spenden Einwerben und Verwalten
- Verträge mit Gebäudeeigentümern schließen
- Veranstaltungen verantworten
- Webseiten mit dem entsprechenden Impressum betreiben
- etc ...

Nur sehr wenig davon hat unmittelbar mit der eigentlichen Idee des
Freifunkens zu tun.

Auch aus Gesichtspunkten der möglicher Weise angestrebten
Gemeinnützigkeit ist der Betrieb eine Freifunk-Netzes und die
Installation von Routern als Vereinszweck nicht unbedingt anzuraten. Zu
schnell besteht die Gefahr der gewerblichen Tätigkeit.  

Wohl aber die Bildung und Weiterbildung zu dem Thema, und die
Unterstützung derer, die sich im Kontext freier Netzwerke (mit oder ohne
Kabel!) für deren Verbreitung engagieren, eine sinnvolle Vereinsaufgabe.
Da gibt es schließlich noch sehr viel Weiterbildungsbedarf! :)))

Ich hoffe es hilft! Sonst frag einfach noch mal.

LG

JuergeN



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