[WLANtalk] Geeignete Länder für Exit Nodes?

Kai 'wusel' Siering wusel at guetersloh.freifunk.net
Sa Okt 18 22:51:59 CEST 2014


Moin,

On 18/10/14 09:52, Bernd Kalbfuss-Zimmermann wrote:
> Am 17. Oktober 2014 13:18:07 schrieb Markus Schräder 
> <augsburgfreifunk at priv.de>:
>> Denn es ist für die Störerhaftung nicht relevant wo der Server steht,
>> sondern wem er gehört: Rechtliche Ansprüche sind immer gegenüber
>> (juristischen) Personen und nicht gegenüber Servern. Wenn diese
>> (juristische) Person allerdings nicht deutsch ist, ist es für Abmahnung
>> bereits unmöglich etwas zu erreichen. Denn es gibt keinen
>> Auskunftsanspruch gegenüber einer ausländischen (juristische) Person,
>> und somit keine Abmahnung oder sonstige rechtliche Verfolgung.
>
> Ist es wirklich so einfach? Mullvad betreibt z.B. einen Server in 
> Deutschland und in den Niederlanden. Auf diesen erreiche ich 
> Durchsätze zwischen 20 - 25 Mbit/s. Mit dem Server in Schweden bringe 
> ich es gerade mal auf ca. 10 Mbit/s. Du sagst also, ich kann genauso 
> gut den Server in Deutschland oder in den Niederlanden nutzen? Der 
> Server-Standort hat keinen Einfluss auf die Auskunftspflicht des 
> Providers? Das erscheint mir ja schon nahezu surreal.

Vorsicht, zwei Dinge bitte nicht vermischen: Störerhaftung des dt. 
Zivilrechts -- davon sind Provider per Gesetz eigentlich ausgeschlossen, 
BGH sieht das bei unverschlüsselt direkt zugänglichen WLANs bzw. 
solchen, die nicht von der Handvoll bundesweit agierender/bekannten 
Anbieter (Telekom, Kabel Deutschland, ...) betrieben wurden, 
augenscheinlich anders -- und Auskunftspflichten, z. B. nach § 101 Abs. 
2 Nr. 3 UrhG.

Und wenn es erst eine Überwachungsverfügung 
(Telekommunikationsüberwachung, d. h. i. d. R. Verstoß gegen's 
Strafrecht) gibt, wird sich auch Mullvad beim deutschen Server schwer 
tun, der nicht nachzukommen, denke ich mal. Entsprechende Fälle sind mir 
aber nicht bekannt. (Und wie das konkret bei einem VPN-Exit aussehen 
sollte, ist mir auch nicht klar.)

>> Ich bin auch als Provider bei der Bundesnetzagentur gemeldet, und hätte
>> (nicht nur deswegen aber effektiv vor allem darum) keine Probleme damit.
>> Allerdings nervt es schon andauernd Post bekommen zu müssen und zu
>> telefonieren. Seit dieser Umstellung ist ruhe.
>
> Bin mir nicht sicher, ob ich das verstehe. Du meinst, dass du als 
> Provider Anfragen wegen Urheberrechtsverletzungen und der gleichen 
> erhalten hast?

Vorweg: IANAL.

Der Provider unterliegt nicht der Störerhaftung. Daß heißt ja nicht, daß 
er nicht mitwirken muß bei der Ermittlung des Täters -- ohne z. B. die 
Telekom wird kein Abmahner an die Postadresse eines 
T-DSL-Anschlußinhabers kommen, denn die Telekom hält die Information, 
welche Anschlußkennung von wann bis wann welche IP-Adresse zugewiesen 
hatte, vor (auch über das Ende der Verbindung hinaus; Vodafone z. B. 
nicht (mehr) [1] ...). Der Abmahner hat nur Zeitpunkt und IP-Adresse, 
daher bekommt der Provider halt vom Gericht auf Betreiben des Abmahners 
die Aufforderung, Anschlußinhaber von IP sowieso um Uhrzeit dannunddann 
zu er- und anschließend zu übermitteln -- AFAIK basierend auf § 101 Abs. 
2 Nr. 3 UrhG [2].

Dies wird bei Förderverein und Freifunk Rheinland anfangs ähnlich sein 
-- bis sich herumgesprochen hat, daß derlei Informationen bei Freifunk 
gar nicht vorliegen und Freifunk nicht mehr behelligt wird. Hilfsweise 
den Provider zur Zahlung wenigstens der Abmahnkosten heranzuziehen (und 
gar auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen) klappt dann wg. des 
Providerprivilegs nicht, und somit wird das Spiel unrentabel für den 
Abmahner.

Anders sieht es aus, wenn sich in Deinem Freifunk-Netz eine neue Zelle 
des KGB etabliert und munter von dort aus BND und Konsorten zu hacken 
versucht. Das ist kein Thema der Störerhaftung, da geht's um Straftaten, 
und da wird der Provider mithelfen müssen. Und da werden dann auch die 
lokalen Communities kontaktiert werden, denn der VPN-Exit wiederum hat 
(wenn überhaupt) nur die private IP, von der aus der BND angegriffen 
wird. Umdas Endgerät zu identifizieren, muß man schon am 
ffXX-br-Interface mitlauschen (gerade bei v6).

Interessant in dem Zusammenhang vielleicht auch dieser Satz aus [3]: 
»Mahnt ein Rechteinhaber einen Hotelbetreiber in Kenntnis der Tatsache, 
dass der Anschluß für ein Hotel genutzt wird, den Hotelbetreiber ab, 
stellt dies einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten 
Gewerbebetrieb des Hotelbetreibers dar, da dem Rechteinhaber bekannt 
ist, dass in einer derartigen Fallkonstellation der Anschlussinhaber 
nicht per se für Rechtsverletzungen seiner Gäste haftet.« Eine Abmahnung 
an einen der beiden Vereine dürfte ebenfalls unwirksam sein; und 
Auskunft gem. § 101 UrhG wird wohl per Textbaustein beantwortet. [4] ist 
generell eine nette Linksammlung zum Thema.


MfG,
-kai

[1] 
http://www.internet-law.de/2013/03/olg-dusseldorf-vodafone-muss-ip-adressen-nicht-zu-auskunftszwecken-zu-speichern.html
[2] http://dejure.org/gesetze/UrhG/101.html
[3] 
http://www.telemedicus.info/urteile/Internetrecht/Filesharing/1199-LG-Frankfurt-am-Main-Az-2-06-S-1909-Stoererhaftung-eines-Hotels-bei-Urheberrechtsverletzungen-durch-Gaeste.html
[4] http://www.telemedicus.info/urteile/tag/St%C3%B6rerhaftung

-- 
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